ARD setzt auf moralisches Framing

Autor: Kurt O. Wörl

Wenn Sie Lust haben, dann schalten Sie doch hie und da mal das dritte Fernsehprogramm des Bayerischen Rundfunks ein. Dort gibt es eine Sendereihe mit dem Titel “Die Tagesschau vor 20 Jahren”. Und dann vergleichen Sie doch Ihre Wahrnehmung zu den alten Sendungen mal mit der “Tagesschau” oder auch mit “heute” im ZDF der Gegenwart. Was fällt ihnen auf?

Gut, im Vergleich zum heutigen Sendeformat kam die Nachrichten-Vorlesung von damals zugegeben schon etwas altbacken daher. Die Studiotechnik war noch nicht so multimedial überladen, die Sprechertische noch nicht so futuristisch und spacig und HD-Auflösung hatten die Sendungen damals auch noch nicht. Das störte uns seinerzeit aber nicht, weil wir die technischen Möglichkeiten 20 Jahre später ja noch nicht kannten. – Und das Ambiente der Nachrichtensendungen meine ich auch nicht.

Aber vielleicht fiel Ihnen auf, wie sachlich und nüchtern die Sprecher, etwa Karl-Heinz Köpcke oder Dagmar Berghoff,  vor 20 Jahren ihre Nachrichten vortrugen? Ohne erkennbare Emotion (es sei denn, sie wären durch einen lustigen Versprecher aus dem Konzept gekommen), keine ironische Bemerkung, kein einordnender Begleitkommentar, kein zynisches Grinsen, keine einleitende moralistische Rahmenvorgabe, in welche die Nachrichten vom Zuseher gefälligst zu betrachten wären. All das finden Sie aber – leider! – heute im deutschen Fernsehen, besonders bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Ob man nun die aktuellen Sprecher Pinar Atalay, Caren Miosga, Claus Kleber oder Marietta Slomka zum Vergleich her nehmen mag ist eigentlich egal. Nachrichten ohne vorgegebenes gezieltes “Framing” gibt es heute nicht mehr: Wichtig ist nur, dass der Zuschauer – sprachlich gut durchmassiert – auch ad hoc begreift: Die Amis sind unsere Freunde und der Russe ist an allem schuld, Merkel ist eine phantastische Frau und das von ihr zu verantwortende Migrations-Desaster von 2015/2016 ist nur halb so schlimm. Man zögert noch, von Gehirnwäsche zu sprechen, aber wie wir noch sehen werden, ist es genau das, was vor allem die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zunehmend betreiben.

Was denn? Sie glauben nicht, dass es sowas wie “Framing” oder gar noch Gehirnwäsche im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben oder so etwas auch nur angestrebt werden könnte? Sie meinen, das gehöre in das Reich der Verschwörungstheorien? Weit gefehlt!

Jetzt haben wir das sogar schwarz auf weiß und zwar mit dem “Framing Manual”, eine Art Studie, welche die ARD, genauer der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) vor zwei Jahren bei einem ominösen  “Berkeley International Framing Institut” in Auftrag gegeben hatte: Titel: “FRAMING-MANUAL – Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD”. – Diese Handlungsempfehlung war zwar nicht für die Öffentlichkeit gedacht, jetzt wurde sie dennoch durchgestochen oder neudeutsch: “geleakt”. Dank gebührt hier den Machern von Netzpolitik, die das Werk für die Öffentlichkeit online gestellt habe (Link folgt am Ende des Beitrags).

Begriffserklärung:

Framing =  (deutsch etwa: Einrahmungseffekt) bedeutet, dass unterschiedliche Formulierungen einer Botschaft – bei gleichem Inhalt – das Verhalten des Empfängers unterschiedlich beeinflussen. Dieser Effekt lässt sich nicht mit der Theorie der rationalen Entscheidung erklären.

Interessant: Das bereits 2017 erstellte Framing Manual befasst sich vorwiegend mit Empfehlungen für sprachliche Formulierungen, welche gewünschte Framing-Effekte zur Folge haben und von der ARD genutzt werden könnten. Politische Parteien spielen darin zwar eigentlich keine Rolle, trotzdem wird eine Partei gleich viermal in dem Werk genannt, nämlich die AfD. Im gesamten Kontext habe ich den Eindruck erlangt, dieses Manual wurde geradezu mit Blick auf diese Rechtspartei zu dem Zweck erstellt, dass sich die ARD geschickt gegen Angriffe auf die ARD aus AfD-Kreisen wehren kann und nicht in die Falle tappt, von der AfD vorgegebene Framings selbst zu nutzen und so ungewollt selbst weiter transportiert. Denn zweifellos versteht es die Rechtspartei selbst nahezu perfekt, sich mit griffigen Framing-Begriffen Gehör zu verschaffen, hat dadurch inzwischen von allen Parteien die höchste Medienpräsenz erreicht. Und so nennt das Manual auch gleich einige typische AfD-Framings:

  • “schlanker Bürgerfunk”,
  • “Quotenfixierung”,
  • “Lügenpresse”,
  • “Staatsfunk”,
  •  “Steigbügelhalter der Politik”.

Zur Autorin des Manuals

Beim Lesen des Machwerks fühlte ich mich zeitweise an die Schriften von Niccolo Machiavelli erinnert, der in  “Il Principe” und “Discorsi” ganz ähnlich manipulative Handlungsempfehlung all jenen gab, die Macht über andere Menschen ausüben möchten.

Erstellt wurde das Werk von Elisabeth Wehling, einer deutschen Sprachwissenschaftlerin, die als Postdoc an der Berkeley Universität in Kalifornien arbeitet. Und auch wenn der Name Berkeley International Framing Institut suggeriert, es handle sich dabei um ein wissenschaftliches Institut der Universität – so handelt es sich keineswegs um ein solches. Wehling will diese Bezeichnung nur als “Marke” verstehen, mit welcher sie ihre privaten Arbeiten von ihren wissenschaftlichen trennen möchte. So jedenfalls äußerte sie sich kürzlich ggü. der Süddeutschen Zeitung. Eine Sprecherin der Universität in Berkeley legte bereits großen Wert auf die Feststellung, dass das Institut keinerlei Beziehungen zur Universität unterhalte. Unklar auch, wo das “Institut” überhaupt seinen Sitz hat. Die (unprofessionell, offenbar mit statischen HTML-Seiten gebastelte) Homepage des “Instituts” bietet weder ein Impressum, noch eine Rufnummer, noch eine Datenschutzerklärung an. Wer Kontakt aufnehmen will, ist auf das Kontaktformular der Website angewiesen.

In ihrem Studium will sich Wehling schwerpunktmäßig mit der Propaganda zur Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt haben. Liest man ihr “Werk”, ist das auch durchaus glaubhaft.

Zum Inhalt des Manuals

Für ihr 89seitiges Framing-Manual habe Frau Wehling der ARD 120.000 EUR in Rechnung gestellt, berichten verschiedene Medien, z.B. die FAZ. Das sind 1.348,31 EUR pro Seite bei 11/2-zeiligem Zeilenabstand und einigen Leerseiten. Von solchen Wertschöpfungen aus vergleichsweise kurzen Texten können selbst Bestsellerautoren nur träumen. Und wer hat’s bezahlt? Wir, die Gebührenzahler!

Auffällig: Das Manual enthält keinerlei Quellenverzeichnis und – wie die Webpräsenz des “Instituts” auch kein Impressum. Im Grunde handelt es sich bei dem Text eher um niedergeschriebenes Brainstorming zum Thema Neusprech, also eine Art Aufsatz (Anm.: wer George Orwells “1984” kennt” wird wissen was mit Neusprech gemeint ist, andere mögen dem Link folgen). 

Wollte die ARD wirklich die Empfehlungen von Wehling in ihrer Berichtertattung umsetzen, kann einem angst und bange werden – und nach Kenntnis dieses Heftchens wurde mir auch klar, warum seit einigen Jahren die ARD-Berichterstattung sich immer tendenziöser darstellt.

Haben Sie sich schon mal gewundert, warum ausgerechnet Randgruppen und Minderheiten neuerdings so überzogene Medienpräsenz erfahren? Vielleicht wurde da schon etwas aus dem Papier umgesetzt? Frau Wehling empfiehlt jedenfalls:

“Die Haltung, dass die Inklusion aller Mitbürger eine wichtige gesellschaftlich­-politische Aufgabe ist, ergibt sich aus der tiefliegenden Überzeugung, dass Mitbürger unabhängig von Merkmalen wie etwa Wohlstand, körperliche Fähigkeiten oder kulturelle, religiöse und individuelle Eigenschaften gleich wertig sind – und sie daher in gleicher Weise von der Gemeinschaft zu schützen und zu befähigen sind. Etwa durch das Anerkennen und Berücksichtigen ihrer Merkmale bei der Schaffung des Zugangs zum Rundfunk („Barrierefreiheit“) oder der inhaltlichen Gestaltung von Rundfunk (das Spiegeln kultureller, religiöser und individueller Merkmale aller Gemeinschaftsmitglieder, auch solcher, die andernorts sozial marginalisiert werden, wie etwa Schwule und Lesben oder Muslime).” (Seite 4+5)

Zur offenbar angestrebten Hirnwäsche – schreibt die Autorin:

“Je länger Sie die neuen Framings nutzen, desto stärker werden Ihre Rezipienten die ihnen innewohnenden Assoziationen zu der Arbeit und Rolle der ARD verinnerlichen. Hebbian Learning ist ein unbewusster und langfristiger Prozess, der auf ständige sprachliche (und bildsprachliche) Wiederholung von Framings angewiesen ist.” (Seite 19)

Auch wenn ARD-Verantwortliche die Zielsetzung “Hirnwäsche” zurückweisen, den Begriff “Hebbian Learning” hat die Autorin ganz sicher nicht versehentlich gewählt. Die Hebbsche Lernregel liegt nämlich methodisch einer Hirnwäsche zugrunde. Außerdem schreibt sie auf der folgenden Seite:

“Die eine Reaktion ist es, davor zurückzuschrecken, die neuen Narrativen, Begriffe und Slogans zu nutzen, weil man das Gefühl hat, sie seien zu neu, zu anders, klängen zu merkwürdig, brächen mit der sprachlichen Gepflogenheit rund um ein Thema, klängen zu aggressiv, klängen zu wichtig-tuerisch und so weiter.

Die zweite Reaktion ist es, vor ihrem Gebrauch zurückzuscheuen aus Angst, die gesellschaftlichen und politischen Gegner, mit denen man es zu tun hat, würden einen als im diffamierenden Sinne ‚politisch korrekt’ angreifen, als unehrlich, als dogmatisch, als manipulierend, als jemand, der Gehirnwäsche betreiben will.

Beide Reaktionen sind valide. Ja, die neuen Begriffe werden Ihnen Aufmerksamkeit in Debatten verschaffen. Manche Begriffe mehr, andere Begriffe weniger. Und ja, Ihre Gegner werden sich an ihnen reiben. Aber: Die Aufmerksamkeit von Menschen zu erlangen, indem man starke neue und vor allem moralisch dringliche Konzepte auf den Tisch legt, ist genau das, was Sie brauchen! Eine Kampagne braucht Aufmerksamkeit, eine Kommunikationswende hin zu einer klareren Sprache ist schneller geschafft, wenn sie Aufmerksamkeit erregt – denn was einen aufmerken lässt, das dringt tiefer ins Bewusstsein.”  (Seite 19+20)

Man achte auf die Wortwahl “neue Narrative”!  Unter Narrativ versteht man eine Erzählung, die Einfluss hat auf die Art, wie die Umwelt wahrgenommen wird. Narrative transportieren Werte und Emotionen. Übrigens, wenn man “neue Narrative” durch “neue Vorurteile” austauscht, macht man semantisch keinen Fehler, beide bedeuten nämlich letztlich das gleiche. Von Narrativen zu sprechen klingt halt besser.

Interessant wird es ab Seite 77 des Manuals. Haben Sie sich schon gewundert, warum zunehmend in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten Gesinnungsmoralisten das Wort führen? Ich habe ja noch gelernt, möglichst sachlich, faktenorientiert und möglichst ohne persönliche Emotion Themen zu behandeln. Das gelingt mir sicher auch nicht immer perfekt und ich ärgere mich jedesmal über mich selbst, wenn mir mal wieder “der polemische Gaul durchgegangen” ist, aber Frau Wehling empfiehlt der ARD:

“Wenn Sie Ihren Mitbürgern die Aufgaben und Ziele der ARD begreifbar machen und sie gegen die orchestrierten Angriffe von Gegnern verteidigen wollen, dann sollte Ihre Kommunikation nicht in Form reiner Faktenargumente daherkommen, sondern immer auf moralische Frames aufgebaut sein, die jenen Fakten, die Sie als wichtig erachten, Dringlichkeit verleihen und sie aus Ihrer Sicht – nicht jener der Gegner – interpretieren.” (Seite 77)

und ab Seite 80:

“Indem Sie Teile 1 bis 4 des Manuals gelesen haben, wird Ihnen nicht entgangen sein, dass über die vier Bereich hinweg ähnliche, verwandte oder (teilweise) identische Framings genutzt werden. Das wird Sie womöglich überrascht haben, denn schon in der Schule wird einem, wo es um das Schreiben geht, Eines wieder und wieder eingebläut: keine Wiederholungen, nicht mehrfach – und schon gar nicht mehrfach direkt hintereinander – ein und dasselbe Wort nutzen oder ein und dieselbe Aussage machen!

Beim (moralischen) Framing gilt das Gegenteil. Und zwar, weil die öffentliche Kommunikation einer Gruppe oder Institution über einzelne Themen oder Momente des gesellschaftlich-­politischen Geschäftes hinweg moralisch kohärent sein muss – und also dieselben Aussagen mit denselben Wörter machen muss. Moralische Kohärenz meint, dass man die tiefliegenden Bewertungsmuster, die die eigene Sache legitimieren, von Kommunikationsmoment zu Kommunikationsmoment und von Debatte zu Debatte immer wieder auf den Tisch legt. Und zwar nicht, um künstlich Zusammenhänge herzustellen, sondern um wirklich transparent zu sein: Was auch immer die eigenen Haltungen zu unterschiedlichen Themen sind, sie speisen sich aus ein und demselben Strauß moralischer Prämissen.”

Ich kann nicht sagen, welches gesellschaftspolitische Weltbild Elisabeth Wehling pflegt, aber weder sie noch die ARD scheinen noch davon auszugehen, dass es den mündigen Bürger, der selbst in der Lage ist, Nachrichten angemessen einzuordnen, überhaupt gibt. Es erweckt eher den Anschein, man möchte dem Bürger mit der ARD eine Art Gouvernante an die Seite stellen, welche ihm helfen möge, die Welt “richtig” zu verstehen.

Aber eines wird schon deutlich: Als Gegner der ARD hat Frau Wehling neben der ARD auch das deutsche Privatfernsehen ausgemacht. Für das Framing ggü. den privaten Sendeanstalten hat Wehling deshalb auch “griffige” und starke Worte gefunden. Sie spricht von “profitwirtschaftlichen Sendern” und bietet als alternative Begrifflichkeit  dafür an:

“Mediankapitalistische Heuschrecken”

Na Bravo! So stellt man sich den öffentlich-rechtlichen Beitrag zur Versachlichung des gesellschaftlichen Umgangs miteinander in einer ohnehin aufgeheizten Zeit vor!

Reaktionen

Das öffentliche Bekanntwerden des “Framing-Manuals” hat erwartungsgemäß ein heftiges Echo in der Medienlandschaft erzeugt. Denn zu den privaten Sendeanstalten zählt natürlich auch das Verlegerfernsehen, wie “WELT” und “SPIEGEL TV”. BILD sieht darin ein Arbeitspapier für “Umerziehungsmaßnahmen”, SPIEGELonline nennt die Aktion schlicht “ungeschickt”, die FAZ nennt das Framing-Ansinnen ein “Heucheltraining” und stellt die dafür aufgewendeten 120.000 EUR aus dem Gebührensäckel in Frage usw. Die Medien vom linken bis rechten Spektrum sind jedenfalls mehrheitlich “not amused”.

Meine Einschätzung

Vorweg, ich bin ein Fan des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Ich halte es für wichtig, dass es ein von allen Bürgern finanziertes System neben den Privaten gibt. Ich möchte keine Medien-Zustände wie in den USA und in Italien, wo die Medienmacht sich – profitorientiert – in wenigen Händen befindet. Ich zahle gerne diese 17,50 EUR monatlich, schon um mir nicht allzu viel Lebenszeit fürs Werbunggucken stehlen zu lassen.

Aber ich verlange von den öffentlich-rechtlichen Anstalten, dass sie keine eigene politische Agenda verfolgen,  sich weltanschaulich neutral verhalten und schlicht berichten, was war und ist. Und ich will, dass sie es mir selbst überlassen, wie ich das Vernommene dann für mich einordne. Ich will, dass wieder sauber die Nachricht von der Meinung (etwa in Kommentaren) getrennt wird, dass ich als mündiger Fernsehzuschauer respektiert werde und nicht versucht wird, durch Rhetorik und manipulative Wortwahl (Framing) meine Neuronenaktivität in gewünschte Bahnen zu lenken. Das nennt man gemeinhin nämlich schlicht Propaganda! 

Mit diesem überzogen teuren Framing-Manual haben sich ARD und MDR m.E. selbst einen Bärendienst erwiesen. Das Bekanntwerden der Handlungsanweisung spielt nun genau jenen in die Hände, gegen die man sich geschickt wehren wollte: Gegen die privaten Fernsehmacher und gegen die Kritiker des gebührenfinanzierten Rundfunks, allen voran aus der AfD. – Auch die Medienverlage – und damit sämtliche Printmedien -, welche schon immer kritisieren, dass die ARD auch am Werbekuchen teilhaben darf, hat man so gegen sich zusätzlich aufgebracht und dieses Medien-Echo kann die ARD derzeit eigentlich überhaupt nicht gebrauchen. 

Wie will sich die ARD denn künftig gegen den Vorwurf manipulativer Berichterstattung, etwa in Form des Zurufs “Lügenpresse” noch wehren, wenn jeder Kritiker ihr bei jeder Gelegenheit dieses abstruse Gutachten “Framing-Manual” um die Ohren hauen kann?

Hätte man statt dieser linguistischen Propagandafachfrau Elisabeth Wehling sich den erfolgreichen Nachrichtenchef des Dänischen Rundfunks (DR), Ulrik Haagerup, als Medienberater eingekauft, die ARD hätte viel von ihm lernen können. Das Dänische Fernsehen hatte nämlich dasselbe Problem wie die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland: nur noch etwas über 30% Glaubwürdigkeit. Haagerup kehrte seine Redaktionen mit eisernem Besen durch und schaffte es, binnen kurzer Zeit Vertrauen und Zustimmung für seinen Sender wieder auf über 80% zu schrauben. Selbst die britische BBC ließ sich daraufhin von Haagerup beraten. Allerdings würden seine Ratschläge bedeuten, dass die deutschen Sender sofort darauf verzichten zu glauben, sie hätten neben dem Informations- und Bildungsauftrag auch noch einen Erziehungsauftrag. Leider wurde ausgerechnet ein genialer, selten selbstkritischer Medienbeitrag aus der Mediathek des NDR wieder entfernt. In einem ZAPP-Beitrag über manipulative Berichterstattung, ausgestrahlt vom NDR, hatte Haagerup anfangs 2016 den deutschen öffentlich-rechtlichen Anstalten gehörig die Leviten gelesen. Wörtlich meinte er, als er nach dem Grund für seinen Erfolg für die neue Zustimmung zu seinem Sender befragt wurde:

“Ich denke, es lag am Spiegel, den wir uns vorgehalten haben. Wir haben reingeguckt und ehrlich gesagt ‘ja, wir sind einseitig’. In Redaktionskonferenzen haben wir nicht über Journalismus geredet, sondern ob uns eine bestimmte Position gefällt oder nicht. Aber wir sollten nicht unsere Macht gebrauchen, um die Welt mit unserer eigenen politischen Haltung zu filtern. Das können die Menschen alleine.”

Heute legen die DR-Redaktionen großen Wert auf Ausgewogenheit, behandeln z.B. Dänemarks Links- und Rechtspopulisten genauso wie jede andere Partei. Inzwischen beriet Haagerup sogar die britische BBC. Am Anfang stand bei der Neuausrichtung des Senders die Ahnung, “Vielleicht haben unsere Kritiker ja recht?”

Haagerup: 

“Wenn die Zuschauer nicht mit dem zufrieden sind, was du sendest, liegt es wahrscheinlich nicht an ihnen sondern an dir. Also musst du wahrscheinlich was ändern. Wir Journalisten sind viel besser im Reden als im Zuhören. Vielleicht sollten wir uns einfach mal anhören, was die Kritiker zu sagen haben?”

Haagerup hat auch die deutschen Medien genau verfolgt. Sein Urteil wirkt auf mich vernichtend: 

“Die deutschen Medien haben den Menschen nicht die bestmögliche Version der Wahrheit präsentiert, so wie sie es tun sollten. Sie haben ein Bild gezeigt, wie sie es sich als Jorunalisten, als Elite für die Gesellschaft, wünschen. Es ist nicht verboten Angst zu haben, wenn Tausende Flüchtlinge aus fremden Kulturen zu uns kommen. Ob das auch meine Meinung ist, ist egal. Aber wenn sie jemand hat, ist das völlig legitim. Also sollen wir sie auch abbilden.”

Das war eine Sendung der ARD, genauer des NDR. Die ARD-Verantwortlichen wussten also, dass Haagerup ein besserer Berater als diese Propaganda-Frau und die 120.000 EUR auch besser angelegt gewesen wären. Aber statt sich an Haagerup ein Beispiel zu nehmen, möchte die ARD offenbar an ihrer tendenziösen Berichterstattung weiter festhalten und suchte mit diesem albernen Framing-Manual eine Weg, dies sicherzustellen. Der Schuss ging nun gewaltig nach hinten los.

Auch wenn der NDR die Sendung vom 17.02.2016 aus der Mediathek wieder entfernt hat – was ich sehr bedauere, denn darin wurde Haagerup simultan ins Deutsche übersetzt – das gesamte Interview in englischer Sprache ist auf YouTube noch vorhanden. – Mehr als dieses Interview hätte die ARD gar nicht benötigt und hätte sich zudem 120.000 EUR gespart:

Das Framing-Manual

Aber lesen Sie selbst. Mit nachfolgendem Link können Sie das “Framing-Manual” als PDF-Dokument herunter laden. Empfehlung: Stellen Sie sich einen Eimer neben ihren Stuhl. Könnte gut sein, dass ihre letzte Mahlzeit den Weg zurück durch die Speiseröhre sucht:

Netzpolitik: Framing-Manual – Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD

Foto: pixabay Creative Commons CC0


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