Precht erklärt die Welt

Das von Tilo Jung für “jung&naiv” mit Richard David Precht geführte, 109 Minuten lange Interview lohnt sich, angehört zu werden.

Precht erklärt er Weltzustand und vor allem die Zukunftsperspektiven aus seiner Sicht. Eines hat mir besonders imponiert, weil er damit punktgenau auch meine Wahrnehmung traf. Sinngemäß sagt er, Merkels Vorgänger im Kanzleramt unterschieden sich von Merkel dadurch, dass sie für ihre Amtszeit Zukunftsperspektiven hatten und auch umsetzten: Adenauer hatte die Einbindung Deutschlands in ein westliches Bündnis und die Durchdemokratisierung des Landes als Ziel, Willy Brandt startete – vor der Wahl angekündigt – die Entspannungspolitik mit dem Ostblock, Kohls großes Ziel war Europa, der gemeinsame Markt, die europäische Währung und die Wiedervereinigung Deutschlands. Selbst Gerhard Schröder hatte eine Zielsetzung, nämlich den kranken Mann Europas wieder wirtschaftlich nach vorne zu bringen, wenn leider auch auf Kosten der Ärmsten und damit mit falschen Mitteln. Aber immerhin hatte er eine Zielvorstellung für Deutschlands Zukunft!

Merkel hingegen? Keinerlei Zukunftsvorstellungen konnte man von ihr je vernehmen. Stattdessen taumelt sie mit ihrer Regentschaft von einer Krise in die nächste. Was von ihrer Amtszeit, die sie uns noch einmal 4 Jahre zumuten will, in Erinnerung bleiben wird sind Finanzcrash, Südstaaten-Bashing, Banken- und Reichenrettung auf Kosten des Steuerzahlers, eine weltweit so eingestufte und auch nur so einstufbare, idiotische Flüchtlingspolitik, die Demontage Europas (Adenauers und Kohls Werk). Precht: “Die Merkeljahre werden als verlorene Jahre in die Geschichte eingehen…”.

Auch das Phänomen der immer erfolgreicheren Rechtsaußenparteien in Europa sind für Precht dadurch erklärbar, dass keine andere politische Kraft mehr dem konservativen Wählerspektrum eine Heimat bietet – und begründet das mit der Architektur Europas, das von der Wirtschaft unterfeuert ständige Dynamik und Progressivität fordert und so keine konservativen Ausblicke mehr zulässt. U.a. deshalb sei die EU zum Hassobjekt der Rechten geworden. Die gleichen Mechanismen seien in den USA am werkeln und brachten Donald Trump ins Amt. Precht: “Die Unterschicht ist in der Regel nicht in der Lage sich zu wehren. Das linke Parteispektrum (von den Grünen bis zur Linken) wirbt um die Intellektuellen und hat für die Unterschhicht auch keine Zukunftsperspektiven. Die Mittelschicht aber kann und wird sich wehren – und ist in der Geschichte immer nach rechts abgedriftet, wenn es ihr ans Leder ging…”

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