Vom Wesen der Freimaurerei

Autor: Kurt O. Wörl

Neulich ergab sich im privaten Umfeld eine interessante Online-Diskussion zwischen einigen profanen Interessenten und Freimaurern. Jemand bemühte sich, den Lebensstil der Freimaurer kritisch zu hinterfragen, was zu einigen erregten Beiträgen führte.

Daraufhin habe ich ihm versucht zu erklären, dass ein rein theoretisches Infragestellen im Kern das Wesen der Freimaurerei nicht berührt, nicht berühren kann. Ich denke, meine Replik könnte auch hier für den  einen oder anderen Leser interessant sein. Ich schrieb dem Kritiker u.a.:

“Mich könnten Sie mit dem Durchblickenlassen anderer als positiver Aspekte zur Freimaurerei zum Beispiel in keiner Weise zum Zorn verleiten. Entweder Sie sprechen über Freimaurerei, dann werden Sie keine negativen Aspekte durchblicken lassen können oder Sie sprechen von etwas, das Sie nur für Freimaurerei halten, dann wiederum gibt es keinen Grund für mich ärgerlich zu werden.

Natürlich, wie überall wo Menschen am Werk sind, gibt es Licht und Schattenseiten und manche Enttäuschung. Auch gibt es keinen einzigen Menschen, der von sich selbst je aufrecht behaupten könnte, er habe das große Ziel, wahrer Freimaurer geworden zu sein, erreicht.

Fragen Sie einen Bundesbruder, ob er Freimaurer sei, dann wird er das vielleicht flugs mit ‘ja’ beantworten. Er gibt sich damit aber nur als Mitglied unseres Bundes zu erkennen. Fragen Sie ihn aber ernsthaft, ob er das Ziel ‘Freimaurer zu sein’ erreicht habe, wird er ihnen das ganz sicher nie mit ‘ja’ beantworten, sondern, dass er sich bemüht habe und noch bemüht oder, dass ihn seine Brüder jedenfalls als Freimaurer anerkennen.

Das Ziel aber setzt sich jeder selbst. Das kann auch gar nicht anders sein, denn den Lebensstil eines Freimaurers zu wählen (und etwas anderes ist es nicht) ist ein vollkommen egozentrischer Vorgang, der sich profaner Beurteilung von außen gänzlich entzieht.

Und nun: Entweder eine innere Glut wurde entfacht, d.h. eine Initiation gelang, dann wird man sehr wahrscheinlich bald in ihm einen Menschen, dem man vertrauen kann und den man gerne in seiner Nähe hat, wiederfinden – er wird in seinem Umfeld (Familie, Vereine, am Arbeitsplatz usw.) nach seinen Möglichkeiten sich für Menschlichkeit, Toleranz, Recht und Gerechtigkeit einsetzen und nie der Not und dem Elend den Rücken kehren. Das wäre dann die eigentliche humanitäre Wirkung der Freimaurerei. Erfahrungsgemäß bemerken eine solche Wandlung zuallererst die eigenen Angehörigen.

Oder: Manchmal klappt es nicht mit dem entfachen des inneren Feuers. Wenn es aber dazu gereicht hat, vielleicht jemanden zum Nachdenken über sich selbst gebracht zu haben und er noch etwas umgänglicher anderen in seinem Umfeld gegenüber wurde, dann ist bereits etwas gewonnen, was nicht negativ behaftet sein kann. “To make a good man better!” sagt man über das Ziel der Freimaurerei bei den Engländern.

Wo also bliebe hier ein Ansatzpunkt für weniger positive Aspekte? Die könnten sich allenfalls mit der Institution, der Organisation der Freimaurerei, also der äußeren Hülle befassen… doch das ist nicht das, was wir unter ‘Freimaurerei’ verstehen.

Manchmal hört man auch Forderungen, die Logen (als Vereine) müssten sich mehr humanitär betätigen. Doch ist das nicht die erste Aufgabe unserer ‘Bauhütten’. Manche würden sich hier auch übernehmen. Die Logen sind uns Werkstatt, Charakterschule – und sie wirken über den Einzelnen in der Gesellschaft.

Manchmal gibt es auch herbe Enttäuschungen. Dann muss die Logengemeinschaft abwägen, ob sie verzeihen kann oder ob man sich von einem Mitglied trennen muss. So ist das Leben.

Freimaurer sind also keine besseren Menschen, sondern zu allererst Menschen, die sich bemühen sich selbst zu besseren, gesellschaftstauglicheren Menschen zu erziehen.

Auch hier kann ich keinen Ansatzpunkt für negative Aspekte erkennen.”

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