Autor: Kurt O. Wörl
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz stößt mit seinem Fünf-Punkte-Antrag die längst überfällige Debatte zur Wende in der Migrationspolitik zum rechten Zeitpunkt, nämlich nach den Messermorden in Aschaffenburg und kurz vor den Neuwahlen zum Bundestag, an. Alle im Bundestag vertretenen Parteien müssen nun Farbe bekennen und sich mit ihrem Bekenntnis am 23. Februar d.J. zur Wahl stellen. Das gilt im Besonderen für die Grünen und Teile der SPD.
Ausgangslage
Vorab die aktuellen Umfragewerte des INSA-Instituts vom 27.01.2025, um eine bessere Einordnung der politischen Entwicklung zu ermöglichen:
CDU/CSU SPD Grüne FDP Linke AfD BSW |
30,0% 15,5% 12,5% 4,5% 4,5% 22% 6% |
Addiert man die aktuellen Umfragewerte von SPD, Grünen und Linken, dann kommen die drei Parteien zusammen gerade noch auf 32,5%, mithin also nicht einmal mehr ein Drittel der Bevölkerung steht hinter der Politik dieser Parteien. Das sich zwar „links“ definierende BSW, welches sich zunehmend aber als eine Art Querfront darstellt, kann in der Migrationsfrage diesem Spektrum nicht hinzugerechnet werden, da es ähnliche migrationskritische Ziele wie die AfD verfolgt. Das heißt aber auch, dass mehr als zwei Drittel der Bevölkerung von links-grüner Politik die Nase gestrichen voll hat.
Das Fünf-Punkte Papier von Friedrich Merz:
Das aktuell in der Diskussion stehende Fünf-Punkte-Programm, das Friedrich Merz nach den Messermorden in Aschaffenburg im Bundestag zur Abstimmung stellen will, hat folgenden Wortlaut:
„Für einen Politikwechsel in der Migrationspolitik
Vor dem Hintergrund der grausamen Tat in Aschaffenburg hat Friedrich Merz folgende Maßnahmen angekündigt – ab Tag eins einer unionsgeführten Bundesregierung:
Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen: Wir werden die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft kontrollieren und die Bundespolizei anweisen, ausnahmslos alle diejenigen zurückzuweisen, die versuchen, illegal nach Deutschland einzureisen.
Faktisches Einreiseverbot: Es wird ein faktisches Einreiseverbot in unser Land für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen oder von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen. Das europäische Asylsystem, zum Beispiel die sogenannte Dublin-Verordnung, funktioniert offensichtlich nicht. Deshalb machen wir vom Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch. Die Bundespolizei, die täglich an Bahnhöfen, Flughäfen und Grenzen vollziehbar ausreisepflichtige Personen antrifft, muss insoweit umfassend die Befugnis erhalten, diese in Haft oder in Ausreisegewahrsam zu nehmen, um ihre Abschiebung sicherzustellen.
Mehr Abschiebehaft-Plätze: Aufgegriffene, vollziehbar ausreisepflichtige Personen dürfen nicht auf freien Fuß gesetzt werden. Sie müssen in Ausreisegewahrsam oder in Abschiebehaft genommen und so schnell wie möglich abgeschoben werden. Dafür muss der Bund so schnell wie möglich alle verfügbaren Liegenschaften zur Verfügung stellen. Die Zahl der Haftplätze werden wir signifikant erhöhen.
Mehr Unterstützung durch den Bund bei Abschiebungen: Der Bund muss auch über die Bundespolizei einen größeren Beitrag zur Abschiebung ausreisepflichtiger Personen übernehmen. Die Zahl der Abschiebungen muss endlich größer werden als die Zahl der immer noch täglich illegal Einreisenden.
Zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für Straftäter und Gefährder schaffen: Dies muss solange möglich sein, bis die freiwillige Ausreise stattfindet oder die zwangsweise Abschiebung gelingt. Für genau solche Täter, wie den von Aschaffenburg, wäre ein solcher Arrest schon längst erforderlich gewesen.“
Ziel des Antrags
Dass Friedrich Merz ausdrücklich betont, dass er im konkreten Fall weder nach links noch nach rechts schiele, wer dem Antrag der Union zustimme, war ein Genie-Streich. Er bringt damit die rot-grüne Resteampel und deren Fraktionen in ein Dilemma. Denn angesichts der Stimmung im Land wissen beide, dass sie etwas tun müssen, um dem Anspruch der Bevölkerung auf Sicherheit gerecht zu werden. Nur konnten sie dafür bisher keine mehrheitsfähigen Vorschläge im Parlament einbringen.
Stimmen sie dem Antrag von Merz, der mit den Stimmen von SPD, Grüne und FDP mehrheitsfähig wäre und von über zwei Drittel der Bevölkerung auch genau so gewollt ist, nicht zu, dann signalisieren sie damit dem Wähler, dass sie an einer Wende in der Migrationspolitik nicht ernsthaft interessiert sind. Zudem riskieren sie, dass der Antrag mit den Stimmen von FDP, BSW und AfD dennoch eine Mehrheit finden könnte. Auf das Wahlergebnis könnte dies für SPD und Grüne eine verheerende Auswirkung haben, denn die Botschaft würde lauten „Rot-Grün will keine Änderung in Sachen Migration“. Das aber würde sich sehr wahrscheinlich im Wahlergebnis niederschlagen, denn das Migrationsproblem ist in der Bevölkerung das Thema Nummer eins. Es besteht die Gefahr, dass die Verweigerung der Zustimmung eine weitere Wählerwanderung von SPD und Grünen hinzu zu AfD und BSW auslöst, was beide Parteien nicht wollen können.
Reaktionen
Die Reaktionen bei SPD, Grünen und in den mehrheitlich links-grün tickenden, öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten fallen derzeit erwartungsgemäß aufgeregt und entsprechend überzogen aus. „Merz reiße mit seinem Antrag die Brandmauer zur AfD ein!“ hört man oder die Forderung „Die Union dürfe keine Anträge einbringen, wenn die AfD diesen zustimme!“ Das ist natürlich Nonsens. Merz hat recht, wenn er betont, ein richtiger und notwendiger Antrag werde nicht dadurch falsch, weil ihm die Falschen zustimmen. Natürlich darf jede Partei die Anträge dem Parlament zur Abstimmung vorlegen, die sie politisch für richtig und erforderlich hält. Und auf das Abstimmungsverhalten von frei gewählten Abgeordneten kann halt niemand Einfluss haben. Es liegt also im vorliegenden Fall nur am Willen der demokratischen Parteien selbst, mehrheitlich das Richtige zu beschließen, um die Stimmen der AfD obsolet werden zu lassen, was unter Umständen freilich ein Zurückstellen der eigenen Ideologie erfordert. Im Übrigen wurden und werden in den neuen Bundesländern schon längst immer wieder Anträge auch der SPD mit Stimmen der AfD beschlossen. – Im Fokus muss das Lösen von drängenden Problemen stehen, da ist es eher nebensächlich, wie Beschlüsse zur Lösung zustande kommen. „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied! Ein leidig Lied!“ legte einst Goethe im Faust I in Auerbachs Keller der Figur „Brandner“ in den Mund. Wie wahr!
Ich kann am Vorgehen Merz‘ jedenfalls kein Rütteln an der Brandmauer zur AfD erkennen. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Union vor Einbringung ihres Antrags diesen mit der AfD abgesprochen hätte oder wenn gar Koalitionsvorhaben mit der AfD im Raum stünden.
Warum von links-grüner Seite so aufgeregt reagiert wird, ist natürlich durchaus verständlich: Aus Sicht von SPD und Grünen wirkt Merz‘ Antrag wie ein Erpressungsversuch. Gerade von Rot-Grün wird mantraartig beschworen, „die demokratischen Parteien der Mitte müssen zusammenarbeiten und Probleme lösen und schwierige Themen nicht den Extremen am linken und rechten Außenrand überlassen“.
Als Vorbild für ihr Verhalten könnten sich SPD und Grüne ein Beispiel an den dänischen Sozialdemokraten nehmen. Sozialdemokraten haben in Dänemark die richtigen Weichen in der Migrationspolitik gestellt, große Zustimmung in der dänischen Bevölkerung erreicht und ganz nebenbei ihren Rechtspopulisten das Wasser abgegraben, diese gar marginalisiert. Was in Dänemark möglich ist, ist auch in Deutschland möglich und beide sind EU-Vollmitglieder, weshalb ich den Einwand der Grünen, das Vorhaben von Merz würde weder den EU-Richtlinien noch dem Grundgesetz entsprechen, nicht gelten lasse. Es ist eine Ausrede!
Epilog
Zur Motivation eine kleine Sammlung passender Zitate:
„Politik ist nicht nur Denksport, sondern Politik ist auch Handeln“ – Helmut Schmidt
„Man löst keine Probleme, indem man sie auf Eis legt! – Winston Churchill
„Jedes Problem, das ich löste, wurde zu einer Regel, die später dazu diente, andere Probleme zu lösen.“ – René Descartes
„Für das Können gibt es nur einen Beweis, das Tun.“ – Marien von Ebner-Eschenbach
„Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden.“ – John F. Kennedy
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ – Willy Brandt
„Große Probleme sollte man in Angriff nehmen, solange sie noch klein sind.“ – Unbekannt
„Tu etwas! Handle! Was immer du machst, die Verantwortung liegt bei dir!“ – Jean-Paul Sartre
„Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn!“ – Johann Wolfgang von Goethe