Ein Toast auf die Damen

Die Fallhöhe ist hoch

Alle Jahre wieder, um Johanni, feiern wir zu Ehren unserer Frauen ein Rosenfest. Und alljährlich hat einer von uns den Toast auf die Damen zu zelebrieren. Manchmal erwischt es mich:

Meine Herrschaften!

Man wies mich an:
„Du übernimmst diesmal den Toast auf unsere Damen.“
Schöne Aufgabe  – und gefährliche Aufgabe.
Wird’s zu süß – schon klebt das Bonbon an den Schuhen.
Wird’s zu derb – schon fange ich mir diesen Blick ein.
Ihr wisst schon welchen.
Und dieser Blick, der sitzt. Jahrelang. Jahrzehntelang.

Also: vorsichtig agieren aber nicht feige.
Wo fange ich nur an?
Und da fiel mir unser Schachbrett ein.

Das königliche Spiel.
Ein Brett, 64 Felder. Schwarz und Weiß.
Und mitten drin: die Dame.

Sie ist nicht so ein höflicher Statist wie der König.
Der eigentlich nichts kann.
Der stolpert ein Feld vor, eins zurück, eins zur Seite –
und wenn er umfällt, ist das Spiel vorbei.
Aber die Dame? – Die Dame räumt ab.

Nehmen wir zuerst den Bauern.
Der Malocher.
Geht immer geradeaus. – Immer.
Links, rechts? – kennt er nicht.
Zurück? – nie im Leben.
Er ackert. Er marschiert.
Ein Sturkopf.

Und er träumt heimlich davon, am Ende auch mal zur Dame zu werden.
Aber meistens bleibt er das, was er ist: Kanonenfutter.
Die Dame wirft ihm einen Blick zu – halb Mitleid, halb Langeweile.
Ein netter Kerl, aber nicht gefährlich.

Und dann der Springer.
Der Charmeur.
Immer ein Haken. Immer ein Sprung.
Nie berechenbar.
Heute im Süden, morgen im Westen.
Ein Nomade des Spielfelds.
Er grinst. Er tänzelt. Er verführt.
Aber: Wer dauernd springt, bleibt eben nie.

Und nun der Läufer.
Ein Intrigant.
Immer schräg. Immer von der Seite.
Nie direkt, nie offen.
Ein Querschläger, wie aus dem Hinterzimmer.
Er glaubt, er sei schlau.
Die Dame aber durchschaut ihn.
Sie lächelt – kalt.
Und dann zieht sie geradeaus – und fegt ihn vom Brett.

Der Turm dagegen: ehrlich.
Ein Fels.
Er steht still, lange still.
Man vergisst ihn fast.
Aber wehe, er geht los.
Dann gerade, frontal, unaufhaltsam.
Ein Panzer im Schach.
Und dann gibt’s noch die Rochade.
Ein Trick.
Der König duckt sich.
Der Turm springt an ihm vorbei.
Zack – Position getauscht.
Der König ist plötzlich in Sicherheit.
Und alle wundern sich: Wie hat er das wieder geschafft?
Die Dame schaut dem Spiel zu – und schmunzelt.
Denn sie weiß: Auch die raffinierteste Rochade nützt nichts,
wenn sie nicht da ist, um das Ganze zusammenzuhalten.

Doch richtig spannend wird’s bei Dame gegen Dame.
Das ist wie Feuer gegen Feuer.
Zwei Königinnen im Clinch.
Da klirrt es, da zischt es.
Männer verstehen das nie.
Denn es ist kein Kampf mit Logik.
Es ist … etwas anderes.
Gefährlich, funkelnd, tödlich.

Und dann bleibt noch der König.
Ja, der König, – der tut eigentlich nichts.
Er ist der Chef, der keiner ist.
Er wankt ein Feld nach links, ein Feld nach rechts,
eins vor, eins zurück.
Und wenn er fällt – Ende.
Darum hält er sich bedeckt.
Und verlässt sich auf sie.
Auf seine Dame.
Denn sie ist es, die das Spiel macht.
Immer wieder.
Darum hält sich der König am besten still.
Er vertraut.
Er weiß: Ohne die Dame ist er erledigt.
Mit ihr aber – fast unbesiegbar.

Und so ist’s im Leben.
Wir Männer tun gern wichtig.
Könige, Herrscher, Helden – so sehen wir uns.
Aber in Wahrheit sind wir leicht zu Fall zu bringen.
Ein Augenklimpern, schon werden unsere Beine schwach.

Die Dame – sie schützt, sie denkt, sie kämpft.
Sie hat die Übersicht.
Sie hat den Charme.
Und sie rettet uns immer wieder vor dem Schachmatt.

Darum, meine Herren – erheben wir unsere Gläser.
Auf die Damen!
Auf unsere Damen!
Prost!

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