Autor: Kurt O. Wörl
Männer sind einfach gestrickt – sagt man. Frauen sind unergründlich – weiß man. Und die Liebe? Das charmanteste Chaos, das die Evolution je hervorgebracht hat. Vom Adamsapfel bis zur Kreditkarte, von Oasenwanderungen der Männlichkeit bis zum fein austarierten Schweigen in der Streitkultur – der kleine Krieg der Geschlechter tobt seit Jahrtausenden. Verstehen kann den nur, wer ihn erlebt hat – und das merkt man sofort.
Wenn ich über uns Männer nachdenke, fällt mir auf, dass es entweder tausend Definitionen für uns gibt – oder keine, die wirklich zutrifft. Das liegt daran, dass wir so unendlich vielschichtig sind. Man bezeichnet uns gern als das Gegenstück zur Frau – und da ist Wahres dran.
Vom Adamsapfel zum Schuhgeschäft
Seit Anbeginn der Menschheit sind wir Männer auf die Frau angewiesen. Das begann schon mit Adam und Eva. Der Weltenbauer, stets bemüht, in seiner Schöpfung kreativ zu wirken, experimentierte zuerst mit einem Mann und einem Apfel – daher der Adamsapfel. Als er bemerkte, dass sein Adam ohne Gegenüber wenig gesellschaftsfähig war, erschuf er Eva – und vorausschauend gleich noch einen Spiegel und das erste Schuhgeschäft dazu. Seitdem schaut Eva gerne in den Spiegel – es sei denn, sie fährt rückwärts aus einem Parkplatz.
Die Geschichte lehrt uns auch: Der Weltenbauer liebte seinen Erstling Adam nicht wirklich, und umgekehrt war die Sympathie auch überschaubar. Also entbrannte Adam in Liebe zu der Nächsten, zu Eva – und erfand so ganz nebenbei die Nächstenliebe. Doch aus dem paradiesischen Fortleben wurde nichts: Adam und Eva mussten fortan als Feigenblattträger ein irdisch-sterbliches Dasein fristen. Körperlich unterscheidet sich der Mann seither nur unwesentlich vom Tier – mit Ausnahme der Nasenbehaarung. Heute jedoch gilt als markantester Unterschied zwischen Mann und Tier seine Kreditkarte.
Frauen – das Meisterstück des Weltenbauers
Doch bevor ich – selbst Mann – in Schwermut verfalle, wende ich mich lieber den Frauen zu. Frauen sind zweifellos das Meisterstück des Weltenbauers. Nach dem Gesellenstück Adam legte er sich bei Eva richtig ins Zeug. Ob er wusste, was er da anrichtet, ist allerdings fraglich. Denn während der Mann sich für ein einfaches Wesen hält, bleibt die Frau für ihn ein ewiges Rätsel. Dabei klingt das so einfach: Eine Frau würde ihre Fehler sofort eingestehen – wenn sie denn welche hätte. Und selbst dann hätte sie ihm ihren Fehler längst wieder ausgeredet.
Sigmund Freud, der sich 30 Jahre lang dem Studium der weiblichen Seele widmete, gestand am Ende ein: Er habe nicht herausgefunden, was Frauen wollen. Eine Erkenntnis, die jeden Mann trösten sollte – zumindest bis zur nächsten Shoppingtour.
Ein Beispiel: Viele Frauen wollen sich nicht einfach hingeben, sie wollen verführt werden. Sie wehren sich – zum Schein – nur, um insgeheim zu hoffen, dass es ihnen nichts nützt. Diese Logik versteht ein Mann erst nach vielen gescheiterten Versuchen. Übrigens: Eine Jungfer ist eine Frau, die einmal zu viel „Nein“ gesagt hat. Und eine Ehefrau ist eine Frau, die gelernt hat, dass „Nein“ auch „Vielleicht“ heißen kann – je nach Tonlage.
Frauen wünschen sich, dass wir Männer wissen, was wir an ihnen haben. Aber wie soll ein Mann wissen, was er an einer Frau hat, wenn sie ihn gar nicht suchen lässt? Männer suchen linear – Frauen verstecken multidimensional.
Oasen, Kamele und Fernbedienungen
Dem Mann sagt man nach, er sei ständig auf der Suche nach einer Frau, die er – zumindest in seiner Vorstellung – beglücken könnte. Daraus entstand jene fernöstliche Weisheit: Frauen sind Oasen, Männer Kamele. Kamele ziehen bekanntlich von Oase zu Oase – wenig planvoll, aber immer durstig. Manche Kamele, so scheint es, verlieren unterwegs auch mal die Orientierung und finden sich dann ratlos im Schuhgeschäft wieder.
Die Fernbedienung ist für den Mann das, was das Szepter für den König war: Symbol und Werkzeug der uneingeschränkten Macht. Dass sie heute nicht mehr auf einem Samtkissen thront, sondern zwischen Sofaritze und Pizzakarton pendelt, schmälert ihre Bedeutung keineswegs. Der Mann, ausgestattet mit diesem unscheinbaren Plastikteil, beherrscht die Programmlandschaft – glaubt er zumindest. Denn in Wahrheit entscheidet sie, welche Serie „wir“ weiterschauen. Er darf nur zappen. Ein Mann, der von der Couch ruft: „Wo ist die Fernbedienung?“, sucht nicht nur ein Gerät – er sucht seine Würde.
Wodurch zeichnet sich nun eine Frau aus? Herstellungsbedingt durch diverse Ausbuchtungen und wohlgeformte Schwünge, die anatomisch für Kinder vorgesehen sind, mit denen Männer jedoch ebenso hingebungsvoll spielen – wie mit technischen Geräten, deren Bedienungsanleitung sie nie gelesen haben. Männer fassen gern Dinge an, die schön gerundet sind. Deshalb fahren sie Kombis, kaufen Bohrmaschinen – und heiraten.
Handtaschen – das tragbare Überlebens-Tool
Frauen brauchen sowas nicht. Sie haben Handtaschen. Männer verstehen Handtaschen nicht. Sie sehen darin ein Transportmittel für Portemonnaie und Schlüssel. Frauen wissen: Eine Handtasche ist ein logistisches Mastermind der Eventualitäten. Darin schlummern Dinge, die eine Expedition auf den Mount Everest mühelos absichern könnten: Pflaster, Taschenmesser, Ersatzstrumpfhose, Notfallpraline. Männer wundern sich über das Gewicht – Frauen sind vorbereitet. Sollte irgendwo eine Naturkatastrophe eintreten, würde vermutlich eine Frau aus ihrer Handtasche das Überleben sichern, während der Mann noch überlegt, in welche Jackentasche er sein Feuerzeug gesteckt hat.
Man erkennt die Frau an ihrem verführerischen Lächeln, an ihrer Bereitschaft, ständig neue Schuhe zu kaufen, und an der unerschütterlichen Begleitung durch Spiegel und Schminkutensilien. Damit tun sie manchmal Dinge, für die Gebrauchtwarenhändler ins Gefängnis kämen. Männer betrachten das Ergebnis bewundernd und fragen sich gleichzeitig, wie viel davon auf Rechnung geht.
Apropos Spiegel. Merke Mann: Frauen benutzen Spiegel nicht zur bloßen Betrachtung. Ein Spiegel ist für sie ein Resonanzraum, in dem Selbstwahrnehmung, Tagesform und gesellschaftliche Erwartungen in Einklang gebracht werden. Während Männer mit einem kurzen Blick prüfen, ob der Reißverschluss zu ist, orchestriert die Frau vor dem Spiegel eine Symphonie aus Haltung, Mimik und Frisur. Es ist ein stilles Ritual der Feinjustierung, das sich auch im Rückspiegel, in Schaufensterscheiben oder sogar auf dem Display des Smartphones fortsetzt. Ein Mann würde vor dem Spiegel zu sich allenfalls sagen: „Passt, Du siehst gut aus.“ Die Frau ist da komplexer in ihren Ansprüchen an das eigene Selbst.
Wenn Grenzen verschwimmen
Heute kann es vorkommen, dass man einer Dame begegnet, deren Duft eher an Herrenumkleiden erinnert und deren Bartansatz auf eine großzügige Hormonverteilung schließen lässt. Ob es sich dabei um modische Freiheit, biologische Vielfalt oder doch um einen verkleideten Mann handelt – sicher ist man sich erst nach dem dritten Espresso und und manchmal auch dann noch nicht.
Viele Frauen sind heute emanzipiert. Männer brauchen keine Angst zu haben, wenn sie einer solchen Frau hinterherlaufen. Gefährlich wird es erst, wenn sie sie einholen. Denn dann folgt ein Vortrag über Gleichberechtigung, der dann etwas länger dauert als die Auffassungsgabe des Mannes reicht. – Paarbildung eher unwahrscheinlich.
Bezeichnend für das Verhältnis von Mann und Frau ist jene Szene: Der Mann sitzt am Tisch, kratzt sich grübelnd beim Kreuzworträtsel am Kopf und fragt: „Schatz, welche Großmacht hat nur drei Buchstaben?“ – Die Antwort kommt prompt und unumstößlich: „Ich!“ Danach folgt meist noch ein Monolog über die geopolitische Relevanz des Haushaltsbudgets.
Die Liebe – ein ewiges Wunder
Und wem haben wir dieses emotionale Durcheinander zu verdanken? Der Liebe! Sie ist ein unerschöpfliches Thema – wie ein Teller Suppe für jemanden, der nur eine Gabel hat. Für Romantiker gibt es auf der ganzen Welt nur einen richtigen Partner. Der Realist dagegen sagt: Quatsch! Wenn einer den falschen nimmt, dann haben alle anderen auch den falschen. Und wer das Glück hat, den richtigen gefunden zu haben, weiß meist nicht, wie ihm geschieht.
Liebe wirkt bekanntlich heilend. Die Frage lautet nur: Leben Verheiratete länger? Oder kommt es ihnen nur so vor? Kein Witz – Liebe ist gesundheitsentscheidend. Sie beschleunigt die Wundheilung, verhindert Herzinfarkte und steigert die Lebenserwartung. Das habe ich in der Rentner-Bravo gelesen – der Apotheken Umschau.
Wir brauchen andere Menschen, ein Gegenüber, um glücklich zu sein. Alleine glücklich sein zu wollen, ist so unmöglich, wie sich selbst kitzeln zu wollen. Liebe ist kein Dopamin-Feuerwerk, sondern stilles Oxytocin-Gekuschel. Leider liefern die wenigsten Eheringe eine Nachfüllpatrone für dieses Hormon mit.
Frisch Verliebte sind psychiatrisch betrachtet bisweilen kognitiv eingeschränkt. „Ah, schau, da fährt ein rotes Auto. Mein Schatz fährt auch ein rotes Auto. Das ist ein Zeichen, dass er gerade an mich denkt.“ Solche Sätze klingen im Ohr des Nervenarztes alarmierend – im Ohr der besten Freundin hingegen romantisch. Beide wissen: Diese Störung geht von allein vorbei. Die Natur hat das so eingerichtet. Sonst kämen wir zu gar nichts mehr.
Es soll Frauen geben, die beneiden ihren Mann, weil der so überaus glücklich verheiratet ist. Woher kommt diese Liebe? Sie ist ein Wunder der Natur und beginnt mit der Geburt: Das eigentliche Wunder ist nicht die Geburt selbst, sondern dass uns unsere Mutter sofort mochte. Monate lang hatten wir sie getreten, wachgehalten, ihr Sodbrennen und Krampfadern beschert. Und als wir dann, käseverschmiert und kreischend, durch eine höchst empfindliche Körperregion ins Licht der Welt traten, schaute sie uns an – und liebte uns sofort. Frisch gepresst, sozusagen.
Die Evolution hat das geschickt eingerichtet: Wer neun Monate mit Fußtritten gequält wird, liebt am Ende trotzdem. Das klappt bei Männern nur mit Fußball. Wohl jede Mutter blickt auf das klebrige Etwas und sagt: „Das ist das schönste Kind, das je geboren wurde.“ Der Vater steht daneben, adrenalingeschwängert vom Kreißsaalstress, und antwortet diplomatisch: „Jetzt wo du’s sagst – ich habe heute noch kein schöneres Kind gesehen.“
Ist es nicht bemerkenswert, was Hormone bewirken können? Ein Mann, der unter Nierensteinen leidet, empfindet beim Austreiben ähnliche Schmerzen. Doch hat man je gehört, dass ein Mann nach erfolgreicher Steinfreigabe zärtliche Gefühle für diesen entwickelt? Allenfalls der Urologe.
Eine Theorie besagt, dass die Liebe zwischen Mann und Frau lediglich ein Abfallprodukt der Mutter-Kind-Liebe ist. Die Evolution nutzt bei der Paarbildung dasselbe Instrument – Oxytocin. Das erklärt, warum frisch Verliebte sich wochenlang mit „Dududu“ anreden und warum wir uns nach einer Trennung hilflos und vergessen fühlen – wie ein Kind im Supermarkt.
Und über allem steht der Wunsch, geliebt zu werden, wie wir sind. Genau wie damals an der Mutterbrust. Wir sind also in Liebesdingen weit weniger selbstbestimmt, als wir uns das manchmal einbilden. Dass über die Hälfte aller Ehen geschieden wird, ist selten am Standesamt schon geplant.
All diese Kleinigkeiten sind keine Fehler im System – sie sind das System. Denn ohne diese charmanten Reibungen wären Beziehungen so langweilig wie ein Handbuch für Staubsaugerbeutel.
Alltagskomik im Miteinander
Und wenn wir schon beim Auf und Ab sind, sollten wir nicht verschweigen, dass das Verhältnis von Mann und Frau ein endloser Fundus an skurrilen Ritualen und liebenswerten Missverständnissen ist – fast wie ein Naturgesetz mit eingebauter Pointe. Es beginnt beim Zuhören: Frauen wollen reden, Männer wollen reparieren. Während sie sagt: „Ich hatte einen schlimmen Tag“, sucht er im Geiste schon den Werkzeugkasten.
Auch beim Kofferpacken zeigt sich diese Komik: Frauen packen für ein Wochenende, als könnten unterwegs vier Jahreszeiten und ein Opernball passieren. Männer werfen drei T-Shirts in den Koffer und bemerken erst am Urlaubsort, dass Zahnbürsten nicht in Hotels wachsen.
Im Straßenverkehr wird der Unterschied noch deutlicher: Männer brauchen Koordinaten, Kompass und Kilometerangaben – Frauen sagen: „Da links, wo früher der Blumenladen war.“ Dass dieser seit zehn Jahren eine Shisha-Bar ist, gehört zum Test.
Temperaturen in der Wohnung? Ein Kapitel für sich: Das Thermostat in der Wohnung ist mehr als ein Regler für den Heizkörper. Es ist ein unscheinbarer Drehknopf, auf dem jahreszeitunabhängig der kleine Krieg der Geschlechter ausgefochten wird. Wenn Männer frieren, schließen einfach sie das Fenster. Frauen hingegen kennen Temperatur nuancierter: Ihnen ist nie einfach nur kalt oder warm. Es ist ein komplexes Zusammenspiel von Tagesform, Hormonspiegel und emotionaler Resonanzlage. So kommt es, dass Männer den Thermostat als simplen Hebel für die Heizkostensteuerung betrachten, während Frauen ihn als feinfühligen Taktgeber ihres inneren Wohlfühlklimas verteidigen.
Und dann wäre da noch die Sache mit den neuen Frisuren. Frauen erkennen bei ihrer Freundin auf 100 Meter, ob die Spitzen nachgeschnitten wurden. Männer bemerken Veränderungen allenfalls, wenn sie fragt: „Wie gefällt Dir meine neue Frisur?“ – Und wehe es schallt zurück „Was genau ist daran neu?“
Streitkultur und Versöhnungskunst
Dennoch lässt sich einiges tun, damit das Auf und Ab des Zusammenlebens funktioniert. Vor allem, wenn wir uns einer überlegten Streitkultur bedienen. Ein ungeduldiger Reporter fragte einmal einen 100-jährigen Greis: „Wie wird man 100 Jahre alt?“ – Die Antwort: „Ich streite nie.“ Der Reporter, skeptisch: „Das kann ja nicht das ganze Geheimnis sein!“ – Der Greis: „Da haben Sie wahrscheinlich recht.“
Nie zu streiten ist unrealistisch. Aber es kommt darauf an, wie. Man sollte nie mit einem Satz zerstören, was sich nicht mit drei Sätzen wieder gutmachen lässt. Frauen reden lieber über Beziehungsthemen als Männer. Sie reden und reden – bis sie stocksauer sind. Dann hören sie plötzlich auf. Dummerweise empfinden Männer diese Funkstille oft gar nicht als Strafe. Sie sehen es eher als Phase der Erholung.
Egal, wie man es mit dem Streit hält – das Schönste daran ist sowieso die Versöhnung. Und wenn sich die Positionen partout nicht annähern lassen, hilft vielleicht der Rat von Marshall Rosenberg: „Willst du recht behalten oder glücklich sein? Beides geht nicht.“ Denn am Ende hat nicht der Recht, der Recht hat – sondern der, der freiwillig den Müll rausbringt.
Also Jungs, wem das alles zu kompliziert ist: Wenn ihr ahnt, dass ihr im Unrecht seid – haltet einfach die Klappe. Und wenn ihr glaubt, ihr habt recht – dann haltet sie erst recht. Und manchmal ist das das größte Liebesbekenntnis, das man geben kann.
Vielleicht der wichtigste Rat, den man geben kann, ist: In einer Partnerschaft ist es vor allem von Bedeutung, dass die Frau darin glücklich wird und bleibt. Die lederne Widerstandskraft der Männerseele macht diese robuster als es die komplexe, multitaskingfähige Frauenseele ertragen könnte. – In aller Regel jedenfalls, Ausnahmen bestätigen diese Regel.
Kleine Gesten, große Wirkung
Am Ende bleibt doch eins: wahre Liebe braucht keinen Beweis – sie zeigt sich im richtigen Moment. Eine Rose zur rechten Zeit kann mehr bedeuten als hundert Rosen im falschen Moment. Und wenn Liebe wirklich blind macht, dann sollten wir Männer öfter mal freiwillig die Augen schließen. Einfach zuhören, nicken – und ab und zu ungefragt Pralinen kaufen – und diese möglichst nicht selber futtern.