Interview der übelsten Sorte

Autor: Kurt O. Wörl

Dass Claus Kleber, Chef des “ZDF-heute journals”, es mit neutraler Berichterstattung im Stile des “Sagen was ist” nicht so ernst nimmt, ist keine Neuigkeit. Kaum jemand in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten neigt so konsequent dazu, Nachricht, Kommentar und persönliche Wertvorstellungen hemmungslos zu vermengen, wie er. 

Gestern lieferte Kleber dafür wieder ein recht schönes Beispiel, als er im “heute journal” Sebastian Kurz, in Kürze wohl nicht nur Ex- sondern wiedergewählter Bundeskanzler Österreichs, zu seinem fulminanten Wahlsieg interviewte – wobei Kleber daran gar kein großes Interesse zeigte. 

Kein höflicher Glückwunsch, keine Respektbekundung, aber dafür sprang Kleber mittenmang ins Tendenziöse: Nach kurz gehaltener Begrüßung interessierte sich Kleber nur noch für die Gretchenfrage: Wie hält es Sebastian Kurz mit der FPÖ?

Sebastian Kurz blieb gelassen und antwortete sachlich, dass er sich an sein Versprechen vor der Wahl halte und nach der Wahl mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien sprechen werde. Damit wäre Klebers Frage eigentlich vollständig beantwortet. Doch der war so sehr auf die FPÖ fixiert und ließ nicht locker:

Kleber: Erlauben Sie da einem ausländischen Reporter die wichtigste ausländische Frage: Sie wissen dass die deutsche Regierung, die BeNeLux-Regierung, die Frankreich-Regierung usw. sehr darauf hoffen, dass die Allianz mit den zweifelhaften Rechtsnationalen in Österreich aufhört. Spielt ein solcher Gesichtspunkt bei den Überlegungen, die Sie jetzt anstellen werden, überhaupt eine Rolle?”

Geniale Reaktion Kurz’ mit großartiger Nonchalance: “Nein, ich bin meinen Wählerinnen und Wählern verpflichtet und nicht dem Ausland und auch nicht irgendwelchen Medienvertretern und auch anderen Tippgebern.”

Es würde mich auch sehr wundern, wenn die Kanzlerin und die anderen europäischen Regierungen ausgerechnet Claus Kleber ggü. exklusiv ihre Wünsche an Österreich formulieren würden. Das würde ja glatt eine AfD-These stützen, wonach die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ihre Weisungen “von ganz oben” erhielten.

Doch damit nicht genug! In kaum mehr zu übertreffender Arroganz gab Kleber dem künftigen österreichischen Regierungschef zum Schluss des “Interviews”, das eher an ein inquisitorisches Verhör erinnerte,  noch eine verbalen Schlag unter die Gürtellinie mit, indem er meinte sich mit folgenden Worten verabschieden zu müssen: “Dann ist es ja gut, dass die Österreicher mit der gegenwärtig regierenden Expertenregierung, ohne politische Parteien, so zufrieden sind.”

Mir fielen längerem Dasitzen mit offenem Munde nur die Worte “Ja hallo???! – Alter Schwede!” ein.

Hier das Interview noch einmal zum Nachsehen:

 

Dabei war Klebers Eklat so überflüssig wie ein Kropf und auch das nachdrückliche Drängen, sich dazu zu äußern, ob es eine Neuauflage einer Regierung mit der FPÖ geben werde, zeugte eher von geringer Ahnung vom politischen Geschäft. Glaubte Kleber allen Ernstes, Kurz würde noch vor den Gesprächen mit den anderen im Nationalrat vertretenen Parteien bereits die FPÖ als Koalitionspartner ausschließen? Und das auch noch über die Kameras und Mikrofone des Deutschen Fernsehens? Wofür hält sich Kleber und sein ZDF?

Kurz ist in der wirklich komfortablen Situation, gleich mit mehreren Partnern (mit SPÖ, Grüne, Neos und eben auch mit der FPÖ) Koalitionen einzugehen. Wieso sollte er ein gewichtiges Verhandlungsargument ggü. möglichen Regierungspartnern vorab schon aus der Hand geben, nur weil ein deutscher Journalist statt objektiver Berichterstattung eine ganz eigene politische Agenda fahren möchte? Mit der FPÖ als zusätzliche Option weiterregieren zu können ist sogar eine sehr, sehr wirkmächtige Daumenschraube ggü. der SPÖ und den Grünen bei  evtl. Koalitionsverhandlungen. – Kurz müsste geradezu mit der Klobürste frisiert sein, würde er darauf verzichten.

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