EU-Urheberrechts-Richtlinie ist beschlossen

Autor: Kurt O Wörl

Das Europäische Parlament hat entschieden: Es hat mehrheitlich mit 348 gegen 274 Stimmen der EU-Urheberrechts-Richtlinie – ohne Änderungen – zugestimmt, zum Wohle des Profits der Verlage und der Content-Industrie, unter weiterer Einschränkung der Bürgerrechte und zum Nachteil der Internet-Freiheit. Einmal mehr hat die EU bewiesen, dass sie vor allem eine Gemeinschaft der Wirtschaft und Profitorientierten und nicht eine solche von über 500 Millionen EU-Bürger ist. 

Abgelehnt wurde hingegen über Änderungsanträge zu debattieren und auch der Antrag, über den berüchtigten Art. 13 (der jetzt eigentlich Art. 17 ist und voraussichtlich Upload-Filter erzwingen wird) einzeln abzustimmen. Besonders tragisch: Hätten sich bei letzterem Antrag nicht 24 Abgeordnete ihrer Stimme enthalten, wäre die Einzelabstimmung durchgegangen. Dass gegen das Vorhaben für eine Petition weit über 5.000.000 Unterschriften abgegeben wurden, interessierte die Mehrheit des Europäischen Parlaments offenbar nicht die Bohne.

Damit ist auch Art. 11 beschlossen, der ein Leistungsschutzrecht für Verlage enthält und diese an den Gewinnen großer Plattformen beteiligen soll. Das ist aber – bislang völlig wirkungsfrei – im deutschen Leistungsschutzrecht schon seit 2013 genauso geregelt. Die Idee war, an der Verlinkung von Artikeln deutscher Online-Medien, z.B. bei Google-News, ein Stück vom Werbekuchen abzubekommen. Das ging schief, denn die Verlage mussten befürchten, dass Google als Gegenmaßnahme ihre eigenen Webseiten aus dem Index nimmt und ihnen so Besucherzahlen verloren gehen könnten. Sie knickten ein und erlaubten Google, weiterhin Verlagsinhalte kostenlos darzustellen. 

Netzpolitik.org weist auf einen seltsamen “Eiertanz” der GroKo, im Streit um das Urheberrecht, hin. Haupttriebfeder für die Richtlinie war der CDU-EU-Abgeordnete Axel Voss, welcher den Entwurf  federführend vorangetrieben hat und dabei den Koalitionsvertrag ignorierte, in welchem Upload-Filter als unverhältnismäßig bezeichnet werden. Erstaunlich: auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) stimmte im Europarat der Reform, an der ihr Haus mitgewirkt hat, zu, nicht ohne zugleich über Twitter zu verbreiten, sie habe sich regierungsintern für eine Streichung des umstrittenen Art. 13 eingesetzt. Wie bitte? Wieso muss sie sich für etwas, das bereits im Koalitionsvertrag steht, regierungsintern einsetzten, um im Rat dann genau entgegengesetzt abzustimmen? Wie gaga ist das denn? 

Ein bisschen Hoffnung bleibt. Da es sich “nur” um eine EU-Richtlinie und nicht um eine Verordnung handelt, haben die Mitgliedsstaaten einen Spielraum bei der nationalen Umsetzung. Man darf gespannt sein, wie Bundesregierung und Bundestag die Richtlinie in nationales Recht umsetzen werden.

Eines ist aber jetzt schon klar: Sollte die Richtlinie in Deutschland 1:1 umgesetzt werden (und das macht Deutschland eigentlich fast immer), wird das vor allem die jungen YoutTuber, Influencer und Instagramer treffen. In einer Zeit, in welcher die Europäische Union so umstritten wie nie vorher ist, in der Großbritannien selbige verlassen wird und sich in ganz Europa völkisch-nationale Kräfte etablieren und diese sich sogar um Einzug in das Europäische Parlament bemühen, kann es sich Europa eigentlich gar nicht leisten, dass sich auch noch die Jugend abwendet. 

Die Union lässt einmal mehr durchblicken, dass sie in erster Linie immer eine Wirtschaftsunion war und offenbar auch bleiben will und nicht eine von über 500 Millionen Europäern.

Eines ist klar: wer auf YouTube, Facebook, Instagram und Co. künftig etwas hochlädt, könnte erleben, dass seine Beiträge selbst bei nur vermuteter Urheberrechtsverletzung wieder gelöscht werden.

SPD, FDP, Grüne und Linke, Bürgerrechtsorganisationen u.a. zeigen sich enttäuscht von der heutigen Abstimmung. Auch Edward Snowden meldete sich mit einem Tweed und bedauert, dass sich CDU und CSU gegen die Internet-Freiheit entschieden haben und fordert:

“Vergiss nie, was sie hier gemacht haben. Da die @CDU_CSU_EP gestimmt hat für nie mehr Internetfreiheit, muss das Internet für nie mehr @CDU_CSU_EP stimmen. #nieMehrCDU”.

Quelle: Edward-Snowden-Tweed

Wir, die Wähler, haben tatsächlich zeitnah die Gelegenheit, es den Unionsabgeordneten wieder heimzuzahlen. Ich hoffe nur, dass die Jugend am Wahlsonntag aus den Federn kommt und nicht denselben Fehler der Jungen in Großbritannien beim Referendum zum Brexit macht und zu Hause bleibt.

Foto: pixabay Creative Commons CC0


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EU-Urheberrechtreform, Art. 11 und 13 (aka 17)

 

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