Legislaturperiode auf acht Jahre anheben?

Autor: Kurt O. Wörl

Der Philosoph Richard David Precht hatte für seine ZDF-Sendung “PRECHT” kürzlich den weltweit renommierten Klimaforscher Prof. Hans Joachim Schellnhuber zum Gespräch eingeladen. Dementsprechend war das Kernthema des Gespräches der Klimawandel und die Frage, ob unser Planet auf eine menschengemachte Heißzeit zustrebe.

Eigentlich, so Precht, sollten der Klimawandel und mögliche Gegenmaßnahmen derzeit das alles überragende Thema in Politik und Gesellschaft sein. Dennoch hetzen wir weiterhin einem Wirtschaftswachstum hinterher, verbrauchen immer mehr Energie, wollen vor allem den Wohlstand erhalten und möglichst erhöhen, obwohl alle Politiker genau wissen, dass wir auf eine weltweite Katastrophe zusteuern, welche gigantische Flüchtlingsbewegungen auslösen werden, von denen wir derzeit nur einen Vorgeschmack verspürten.

Als eine der Ursachen macht Prof. Schellnhuber aus, dass Regierende und Parlamentarier alle vier Jahre der Wahl stellen müssten und, dass ihre Amtszeiten nicht begrenzt seien. Das lenke die Aufmerksamkeit von den mittel- und langfristig zu bewältigenden Problemen ab. Um wiedergewählt zu werden, konzentriere sich die Politik deshalb zu sehr auf die Tagespolitik und bereits zwei Jahre vor den nächsten Wahlen schalte sie bereits wieder in den Wahlkampfmodus. Deswegen halte er eine deutliche Verlängerung der Legislaturperiode auf jeweils acht Jahre, wobei die Kanzlerschaft dann ohne Wiederwahlmöglichkeit enden solle, für sinnvoll. Regierung und Parlament könnten sich dann acht Jahre völlig auf die Regierungsarbeit konzentrieren und eben auch die mittel- und langfristig zu lösenden Probleme wirklich angehen.

Der Vorschlag strahlt einen gewissen Charme aus, zumal damit auch die Versorgungsprobleme der Abgeordneten gelöst wären. Bislang muss ihnen mindestens zweimal der Einzug ins Parlament gelingen, damit sie Anspruch auf eine Abgeordneten-Altersversorgung haben. Das führt dazu, dass Abgeordnete dazu neigen, in ihrer ersten, 4jährigen Amtszeit sich ggü. ihrer Fraktion linientreu zu verhalten, sie ihr an sich freies Mandat gar nicht wahrnehmen, weil sie bei den nächsten Wahlen ja wieder von ihren Parteien aufgestellt werden möchten. Das fördert das sog. Stimmviehverhalten. Wer aber vorab weiß, dass nach acht Jahren das eigene Wirken in Parlament und Regierung endet, der kann im Parlament wirklich die Interessen seiner Wähler vertreten und den in der Verfassung ohnehin gar nicht vorgesehenen Fraktionszwang großzügig auslegen oder gar ignorieren. Die Vorstellung gefällt mir sehr.

Allerdings wären acht Jahre – ohne sich dem Wähler erneut stellen zu müssen – eine lange Zeit. Diese Verlängerung der Legislaturperiode könnte ich nur unterstützen, wenn der Bevölkerung in der Verfassung im Gegenzug auch plebiszitäre Eingriffsmöglichkeiten gewährt werden, also Volksbegehren und Volksentscheide, bis hin zur vorgezogenen Abwahl einer Regierung, sollte diese gegen fundamentale Interessen der Mehrheit der Bevölkerung regieren. Der Bundestag selbst hat über das Instrument des konstruktiven Misstrauensvotum ohnehin die Möglichkeit, den Kanzler vorzeitig aus dem Amt zu heben und das Amt gleichzeitig neu zu besetzen. Jedenfalls hat sich in der deutschen Nachkriegsgeschichte gezeigt, dass nach acht Jahren eine Regierung samt Regierungschef meist verschlissen sind und ideenloser, politischer Stillstand sich breit macht.

Gespräch Richard David Prechts mit Prof. Joachim Schellnhuber:


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