Christlich-abendländische Werte gibt es nicht

Autor: Kurt O. Wörl

Ich rätsle darüber, was eigentlich unter „christlich”-abendländischen Werten zu verstehen ist, die ständig von Konservativen und politisch „Rechten“ angeführt werden. Was bitte an unserer westlichen Welt könnte man als typisch „christlich”-abendländisch bezeichnen? Mir fällt da absolut nichts ein, es sei denn, man möchte dem Glockengeschepper von Kirchtürmen einen solchen Wert zuschreiben.

Alles, aber wirklich alles, was wir heute als abendländische Werte betrachten, ist alles andere als christlicher Natur, als da beispielhaft wären:

  • Freiheit,
  • Gleichheit,
  • Brüderlichkeit,
  • Menschenwürde,
  • Menschenrechte,
  • Humanität
  • Demokratie,
  • Rechtsstaatlichkeit,
  • Sozialstaatlichkeit,
  • Religionsfreiheit,
  • Recht auf Leben und
  • körperliche Unversehrtheit usw.

All diese Werte wurden im Wesentlichen – unter großen Opfern – gegen das Christentum ringend durchgesetzt (und das in Deutschland auch nur unvollkommen, wie die mangelhafte Laizität unseres Landes bestens belegt).

Das letzte Todesurteil gegen eine der „Hexerei“ verdächtigte Frau in Deutschland wurde noch im Jahre 1775 gegen Anna Maria Schwegelin verhängt (wenn auch nicht mehr vollstreckt) und noch im Juni 1782 wurde mit Anna Göldi die letzte “Hexe” in der Schweiz hingerichtet. Und da befanden wir uns bereits inmitten der Aufklärung, zu Zeiten Goethes, Schillers, Fichtes, Herders, Mozarts u.a.

Bis heute verteidigen die christlichen Konfessionen ihre ganz und gar nicht zu freiheitlich-westlichen Werten passenden Privilegien, auf die sie eigentlich freiwillig verzichten müssten, wenn sie wirklich die Trennung von Staat und Kirche als einen wesentlichen Grundsatz westlicher Werte leben wollten.

Nein, sie lassen sich auch nach Jahrhunderten immer noch für die Enteignungen im Rahmen der Säkularisation (zu der die Fürsten auch jedes Recht hatten) entschädigen – und die Kirchenfürsten finden das völlig in Ordnung. Selbige werden zudem aus der Staatskasse wie Beamte besoldet (das heißt, Nichtchristen finanzieren über ihre Steuern christliche Profi-Fromme mit). Sind das christlich-abendländische Werte?

Ja, wenn in unserer Gesellschaft – und vor allem von den Pfaffen – “christliche” Werte gelebt würden, wie

  • Friedfertigkeit (verlangt Pazifismus und kein Weihen von Kanonen),
  • Nächstenliebe (verlangt den Schutz von Kindern und nicht Kinderficken),
  • Feindesliebe (linke Wange/rechte Wange, verlangt Pazifismus),
  • auf Hab und Gut verzichten oder mit Armen teilen (verlangt Sozialismus),
  • Verzicht auf Zinsnahme (wo ist die Bankenreform?),
  • Verzicht auf Eide vor Gericht, …

… alles der Bergpredigt des Idols der Christen entnommen, dann – und nur dann – könnte vielleicht eine homöopathische Beteiligung des Christentums an westlich-abendländischen Werten vermutet werden. Aber nichts davon ist im zunehmenden Turbokapitalismus des Westens realisiert. Im Gegenteil, nicht einmal 8% der kirchlichen Einnahmen gehen in das gesellschaftliche Engagement der Kirchen. Das Gros der Einnahmen geht in die Versorgung unnötiger und überflüssiger „Würdenträger“ und in den Erhalt von Kirchenbauten, in die Alimentierung von geschwängerten Haushälterinnen und ihren Priesterkindern usw. Aber immerhin sorgen sie für die Produkte ihrer unkeuschen Lenden.

Schon mal darüber nachgedacht? Wer braucht zum Leben seines Glaubens eigentlich einen Bischof oder einen Kardinal? – Gut, zumindest zu sonst nichts nütze Überflüssige sind damit von der Straße weg, wenn auch sehr, sehr teuer – zu teuer! – erkauft. Und wer sich an der Wortwahl “Überflüssige” stört, der sei an den ehemaligen Bischof von Limburg, Franz Peter Tebartz van Elst und dessen Verschwendungssucht in eigener Sache erinnert.

Mit Blick auf die Bergpredigt, gab und gibt es im gesamten Abendland – außer meiner Schwiegermutter – genau genommen noch nie wirkliche Christen – auch nicht unter den Pfaffen. 

Und zu Themen der Zeit haben die Konfessionen auch nichts anzubieten, was man mit den westlichen Werten in Verbindung bringen könnte: Man erinnert sich aber durchaus noch an das Weihen von Kriegswaffen, an das Konkordat der Kirchen mit Nazi-Deutschland und die von Hitler eingeführte Kirchensteuer, die das deutsche Pfaffentum noch heute kassiert. An die Haltung zur Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbruch, angesichts von bald 10 Milliarden Menschen auf Erden und über 60 Mio Menschen auf der Flucht und an die verweigerte Anwendung der Bergpredigt auf Schwule und Lesben mag man gar nicht denken. Und die Gleichstellung von Mann und Frau ist in Nuancen nur in der evangelischen Variante des Christentums umgesetzt. War da jetzt irgend ein westlich-abendländischer Wert christlichen Ursprungs dabei?

Obendrauf kommt noch der langjährige, weltweite Missbrauch und die Gewalt gegen Kinder und Schutzbefohlene in kirchlichen Einrichtungen, die Abscheu erwecken. Wo sollten da denn “christliche” Werte offenbar sein?

Was also sind diese “christlich”-abendländischen Werte? Kann mir jemand weiterhelfen? Ich sage bis dahin:

Nein, es gibt keine “christlich”-abendländischen Werte!

Das Abendland mag, vor allem im grausigen Mittelalter, von den Kirchen geprägt gewesen sein und heute noch mögen viele fromme Menschen ihr Leben vor lauter Höllenangst sich nicht zu leben trauen. Aber Werte, die man heute “christlich”-abendländisch nennen könnte, können sich die Konfessionen nicht auf ihre Fahnen schreiben. Mit Blick auf die Bergpredigt, gab und gibt es im gesamten Abendland – außer meiner Schwiegermutter – genau genommen noch nie wirkliche Christen – auch nicht unter den Pfaffen. 

Und man möge mir jetzt nicht mit Kindergärten, Diakonie und Caritas kommen! Daran sind die Kirchen in der Regel nur ganz am Rande beteiligt. Finanziert wird das alles i.d.R. aus der Staats- Kranken- oder Pflegekasse, von den Nutzern oder durch entsprechende Versicherungen.

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