Gedankensplitter:

Flucht aus der Ukraine

Autor: Kurt O. Wörl

Man rätselt in “linken” Sphären, warum die Staaten Europas, sogar Polen und Ungarn, nun so bereitwillig Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen, während sich viele EU-Länder 2015/2016 strikt weigerten, syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Und – natürlich – werden aus dieser Ecke rassistische Motive unterstellt. Falsch!

Die Erklärung ist – meine ich – viel einfacher: Es flüchten aktuell vor allem Frauen und Kinder und alte, über 60jährige, nicht mehr wehrfähige Männer aus der Ukraine. Die Jüngeren verteidigen ihre Heimat, dürfen das Land auch gar nicht verlassen. Viele im Ausland lebende Ukrainer kehren sogar in die Ukraine zurück, um dort gegen den russischen Überfall zu kämpfen.

Das war 2015/2016 etwas anders: Mehr als drei Viertel der aus Syrien, Afghanistan, Nordafrika etc. stammenden Flüchtlinge waren damals junge, wehrfähige Männer, die aus ihrer Heimat stiften gingen und zugleich ihre Familien, also ihre Mütter, Frauen, Kinder, Schwestern und alte Leute im Kriegsgebiet oder schlicht in der Armut ihres Landes zurückließen. Von Mut getragen fand ich das damals nicht.

Was also ist heute anders? Es einfach so, dass ritterliches, mutiges Verhalten in unserer europäischen Kultur weitaus mehr geschätzt wird als Hasenfüßigkeit, weshalb die große Hilfsbereitschaft ggü. den ukrainischen Kriegsflüchtlingen mich auch in keinem Moment überrascht hat. Auch spielt sicher die völlig kompatible Kultur der Ukrainer zu der unseren und damit die zu erwartende, problemlose Integrationsfähigkeit der Ankommenden keine unbedeutende Rolle. Deshalb bedurfte es auch keiner “Refugees-welcome-Schilder”, stattdessen gab es weltweit, gelb-blaue Sympathie- und Solidaritätsbekundungen.

Demokratische Staaten dürfen bei Menschen in Not keine Unterschiede machen, das ist wahr, machen wir auch nicht. Formell zählen nur rechtssaatliche Aspekte. Aber ich verstehe auch, dass es den Staaten Europas im Falle der ukrainischen Kinder und Frauen um einiges leichter fällt Grenzen zu öffnen als bei jungen Männern aus dem Morgenland, die lieber selber stiften gehen als ihre Familien in Sicherheit zu bringen. – Das hat irgendwas mit Moral und Anstand zu tun, denke ich.

Der “alte, weiße Mann” in mir will einfach nicht davon Abstand nehmen, dass Ritterlichkeit nach wie vor eine gute Tugend ist und deshalb der Schutz von Frauen und Kindern Vorrang vor wenig ritterlich anmutender Mannesflucht hat. Deshalb habe ich auch bei sinkenden Schiffen das Gebot der Kapitäne “Frauen und Kinder zuerst in die Boote!” nie in Frage gestellt. Mag “altmodisch” wirken, ist aber so und sollte aus meiner Sicht auch so bleiben.

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