Warnung vor dem Wahl-O-Mat

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Autor: Kurt O. Wörl

Stehen Sie vor Wahlen auch manchmal vor der Qual der Wahl, welcher Partei Sie Ihr Kreuzchen diesmal schenken sollen? Geht es Ihnen wie mir, dass es keine Partei gibt, welche in ihren Zielen umfänglich die eigenen Vorstellungen abbildet? Für mich, als in der Wolle gestrickter Sozialliberaler, gibt es eine solche Partei heute nicht mehr. Dafür finde ich heute in den Parteiprogrammen aller Parteien Vorstellungen, die ich unterstütze, aber auch viele, welche mich abstoßen. So würde ich jederzeit Plebiszite auf Bundesebene (Volksbegehren und Volksentscheide) unterstützen, wie sie die “LINKE” aber auch die AfD fordern – meine Stimme würde ich beiden aber niemals geben.

Da liegt es ja nahe einen Dienst zu nutzen, der mir in Prozentangaben mitteilt, welche Parteien meinen eigenen Vorstellungen am nächsten kommen. Und wie Viele gönne ich mir deshalb vor den jeweils nächsten Wahlen den netten Zeitvertreib und befrage spaßeshalber den “Wahl-O-Mat” der Bundeszentrale für politische Bildung. Um es vorweg zu nehmen: Noch nie habe ich so gewählt, wie es diese Online-“Wahlhilfe” mit höchster Prozentzahl empfahl. Im Gegenteil, meist stand da an erster Stelle eine Partei, der ich ganz gewiss meine Stimme niemals geben würde. Und auch an zweiter und dritter Stelle fand ich “meine” schließlich auserwählte Partei eher selten. So auch diesmal, vor den Europawahlen. 

Erfahrung mit dem Wahl-O-Mat:

Egal was ich auch anstelle, wie ich gewichte: Stets meint der Wahl-O-Mat, die Grünen würden am ehesten meinen eigenen Vorstellungen entsprechen, gefolgt von der SPD. Aber beiden würde ich niemals meine Stimme geben, weil:

Grüne

Die Grünen sind mir zu sehr als spießige Verbotspartei ohne Lebensfreude unterwegs. In weiten Bereichen zeigen sie geradezu faschistoide Züge, indem sie nur zu gerne Vorschriften bis tief hinein ins Privatleben der Menschen (Stichwort “Veggieday”) anstreben. Zwar gerieren sich die Grünen verbal nach wie vor gerne als “linke” Partei, in Wahrheit zeigen sie sich weitgehend rückwärts gewandt, stockkonservativ und wollen unser Land offenbar zurück ins 19. Jahrhundert katapultieren. Als ausgesprochener Liebhaber der Deutschen Sprache finde ich den von den Grünen forcierten Genderismus in der geschrieben Sprache abscheulich. Ich kann ihre verantwortungslose Haltung bei der Flüchtlingsfrage nicht mittragen und lehne ihr übertriebenes Faible für Minderheiten, Subkulturen und radikalen Feminismus ab. Über ihr nahezu religiös und erzprotestantisch wirkendes Auftreten in der Frage des Klimawandels habe ich mich bereits anderorts geäußert. Wer die Auftritte des neuen Bundesvorsitzenden, Robert Habeck, verfolgt: Sie sind kaum von jenen evangelikaler, amerikanischer Bühnenprediger zu unterscheiden. Und in der Tat fordern die Grünen für ihre Thesen zum Klimawandel unerschütterlichen Glauben und greifen – wie einst die Kirchen ggü.  Gottesleugnern – Ungläubige als “Klimaleugner”  und meist herabwürdigend direkt in der Person an. Und wie die Kirchen, drohen sie den “Ungläubigen” am Ende mit immer neuen Apokalypsen. Die Apokalypse des Waldsterbens habe ich überlebt und ich wurde nicht im Ozonloch gegrillt, obwohl uns die Grünen das fest versprochen haben. Nein, so etwas will ich nicht! 

Ich halte die Grünen insgesamt für zu technik- und fortschrittsfeindlich. Außerdem – die Polemik sei erlaubt – gibt es die Grünen nicht ohne Schreihals Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckhardt (die Frau, die nur ein abgebrochenes Theologiestudium als “Kompetenzgrundlage” für ihre Politik aufweisen kann). Beide erzeugen bei mir schon beim bloßen Anblick Stresspusteln im Gesicht. Grüne wähle ich nicht, da kann sich der Wahl-O-Mat auf den Kopf stellen und mit den Füßen zappeln.

SPD

Die SPD hat sich mit ihrer Agenda-Politik selbst ins Aus katapultiert. Meine Haltung zu ihr ist eher Mitleid darüber, was aus der alten, wackeren Partei, mit großer Geschichte, geworden ist. Kevin Kühnert war bis vor kurzem durchaus ein Hoffnungsträger für die SPD, ich hörte seinen gescheiten Thesen in eloquenter Rede immer gerne zu. Aber nachdem er nun die “Vergesellschaftung” aus der 200 Jahre alten, ideologischen Mottenkiste geholt hat, dürften seiner weiteren Parteikarriere einige gläserne Decken im Wege stehen. Eines der bestgeführten Unternehmen mit hohen Sozialstandards, nämlich BMW, vergesellschaften zu wollen, auf die Idee muss man erstmal kommen. Der SPD selbst kann man nur empfehlen, endlich die Regierung zu verlassen und sich vier, besser acht Jahre auf der Oppositionsbank zu regenerieren und dann mit neuen Gesichtern anzutreten. Bis dahin wird dann auch Kevin Kühnert trocken hinter den Ohren sein. – Wählen werde ich die SPD aktuell sicher nicht, schon weil sie mit Katarina Barley eine wiederholt mit steil sexistischen Thesen in Erscheinung tretende Spitzenkandidaten nach Europa entsenden will.

Warnung davor, Wahl-O-Mat-Vorschläge kritiklos zu übernehmen

Der Wahl-O-Mat stellt dem Nutzer Fragen zu den wichtigsten Kernaussagen der verschiedenen Parteiprogramme und ob man diese befürworte, ablehne oder ob man dazu eine neutrale Haltung habe. Hinterher kann man einzelne Fragen noch höher gewichten. Die Fragen aus den Parteiprogrammen sind zugleich auch der größte Mangel dieser Online-Wahlhilfe, denn sie stützen sich darauf, was Parteien in ihren Programmen vorgeben angeblich zu wollen und nicht darauf, welche Politik sie zurückliegend wirklich zu verantworten haben. Noch nie (!) hat eine Partei nämlich auch nur ansatzweise ihre in Wahlprogramme gepackten Vorhaben wirklich umgesetzt. Stets sind sie nach den Wahlen nur noch Schall und Rauch. Deshalb muss man davor warnen, die Empfehlungen des Wahl-O-Mat ernst zu nehmen oder gar seinen Vorschlägen entsprechend in der Wahlkabine zu agieren.

Aktuell hat der Wahl-O-Mat (für die Europawahl) zum Beispiel eines der wichtigsten Themen unserer Zeit gar nicht in seinen Fragenkatalog aufgenommen: Die Folgen der Digitalisierung und des Einsatzes von künstlicher Intelligenz und die damit verbundenen, zu erwartenden Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt sowie die immer perfekter werdende Überwachungstechnologie, die bei einigen Parteien Begehrlichkeiten wecken. Das wurmt zurecht die Piraten-Partei, sind dies doch tragende Themen ihres Programms, die der Wahl-O-Mat nicht berücksichtigt.

Eine weitere Frage stieß mir auf, nämlich den Umgang mit Flüchtlingen, die aus Schlauchbooten im Mittelmeer aufgegriffen werden. Hier fragt der Wahl-O-Mat, pauschal, ob diese in ihre Heimatländer zurückgebracht werden sollen und man kann nur mit ja, nein oder neutral antworten. Ja welche Flüchtlinge? Kriegsflüchtlinge? Asylsuchende auf der Flucht? Wirtschaftsflüchtlinge? Der Wahl-O-Mat gibt keine Möglichkeit zu unterscheiden. Dabei wäre bei den genannten Arten von Flüchtlingen meine Antwort unterschiedlich: Bei Kriegsflüchtlingen und Asylsuchenden würde ich mit “nein” antworten, weil deren Aufnahme längst international geregelt ist. Bei reinen Wirtschaftsflüchtlingen hingegen wäre meine Antwort ohne Wenn und Aber “ja”.

Ich musste hier also “neutral” wählen, obwohl das internationale Seerecht die Frage anschließend beantwortet: Schiffsbrüchige sind in den nächstgelegenen, sicheren Hafen oder in ihre Heimat zurückzubringen, wenn diese ohne Umwege des Schiffes angefahren werden können (und ihnen keine Verfolgung droht). Darüber entscheidet aber nicht der Kapitän des Schiffes, welches die Rettung durchführt, sondern die internationale Seenotrettungsleitstelle (MRCC). Rechtsstaaten haben schlicht geltendes Recht anzuwenden, egal was das Gutmenschtum oder Xenophobe  davon halten – und Punkt! – Was soll also diese Frage in Parteiprogrammen – und im Wahl-O-Mat?

Noch etwas fiel mir auf: Die nachträglich mögliche, höhere Gewichtung einzelner Fragen scheint überhaupt keinen Einfluss auf das Ergebnis zu haben, welches der Wahl-O-Mat schließlich auswirft. Ich habe es ausprobiert (bestimmt zehnmal und immer unterschiedlich gewichtet), immer mit demselben Ergebnis. – Die Grünen – welchen ich meine Stimme ganz gewiss nicht geben werde – standen trotzdem immer an erster Stelle, mit exakt demselben Prozentwert.

Jungwähler laufen Gefahr, gegen ihre Interessen zu wählen

Mit Blick auf die Erst- und Jungwähler bereitet mir der Wahl-O-Mat schon Sorgenfalten. Die Generation “Netflix” liest mehrheitlich keine Zeitungen mehr, guckt kaum öffentlich-rechtliches Fernsehen, geschweige denn Nachrichten, politische Talkshows, Magazine oder Dokumentationen. Und dann kommt der Tag, an welchem sie erstmals eine Wahlbenachrichtigung im Briefkasten vorfinden. Vielleicht sprechen sie ihre Eltern an, was man denn so wählen könnte, erkundigen sich bei ihnen, wofür die einzelnen Parteien stehen. Wahrscheinlicher ist, das die “Digital Natives” sehr schnell über Sartphone oder Tablet-PC den Wahl-O-Mat entdecken, dessen Vorschläge für bare Münze nehmen und sich bei der Stimmabgabe davon leiten lassen. Gut möglich, dass sie dann sogar gegen ihre eigenen Interessen wählen, wenn das Ergebnis so oberflächlich wie bei mir ausfällt, aber weder auf Lebenserfahrung noch auf ausreichend Informationen über das, was Parteien bereits zu verantworten haben, zurückgegriffen werden kann. Wie einfach junge, idealistische Menschen zu instrumentalisieren sind, zeigte jüngst nicht zuletzt, wie schnell und einfach die Schüler sich von einer psychisch labilen Autistin und dem massiven PR-Apparat ihrer nicht minder neurotischen Eltern, samt einer dahinter steckenden Ökö-AG, haben begeistern lassen. 

Die Parteien haben keine eindeutigen Profile mehr

Es ist ein Kreuz, mit den Parteien heutzutage! Ich erinnere mich noch gut! Bis zum Ende der 1970er Jahre, als wir noch ein Vierparteiensystem in Deutschland hatten, war es für den Wähler einfach: CDU und CSU standen für das Konservative, Wirtschaft und Sicherheit, bei der CSU kam noch katholische Frömmelei und Kirchennähe dazu, die SPD war für die Arbeiter da und unterstützte das Soziale und die FDP war für viel Freiheit, niedrige Steuern und wenig Staat. Doch diese Zeiten sind vorbei. Spätestens nach der Ära Gerhard Schröder (der “Genosse der Bosse”) im Kanzleramt ist die Frage berechtigt, ob die SPD wirklich noch als die Partei des “kleinen Mannes” gelten kann. Schließlich hat sie mit der Agenda 2010 aus einem einstigen Hochlohnland mit hohen sozialen Standards ein Niedriglohnland gemacht, mit HARTZ IV die Sozialhilfe geschliffen und prekären Arbeitsverhältnissen (Zeitarbeit, Leiharbeit etc.) Türen und Tore geöffnet. Mithin hat sie also die Schere zwischen Arm und Reich weiter gespreizt, dem Wachsen der Armut und den Abstiegsängsten des Mittelstandes Vorschub geleistet.

Bei der CDU muss man den Schwerpunkt Sicherheitsaspekt spätestens nach dem von Angela Merkel 2015 angezettelten Kontrollverlust im Rahmen ihrer Flüchtlingspolitik hinterfragen. Hundertausende Menschen konnten ohne jede Identitätsprüfung in unser Land einreisen. Verantwortungsloser kann Sicherheitspolitik sich gar nicht darstellen. Von den grauenhaften Terroranschlägen in der Folge, von der Kölner Silvesternacht 2015/2016, den vielen Gewaltexzessen wie Messerstechereien und Vergewaltigungen, will man gar nicht erst sprechen, schon um nicht Applaus von der falschen Seite zu erhalten. Außerdem hat sich die CDU über die Jahre sozialdemokratisiert und Angela Merkel wurde nicht müde, Erfolge, welche eigentlich dem Fleiß sozialdemokratischer Ressorts zuzuschreiben waren, als eigene Erfolge zu verkaufen.

Oder die FDP. Einst galten die “Freiburger Thesen” der FDP als Beleg dafür, dass Liberalismus und soziale Verantwortung zueinander nicht im Widerspruch sehen müssen. Und sie war die erste und damals einzige Partei, die bereits 1972 den Umweltschutz in ihr Parteiprogramm aufgenommen hat. Zudem galt sie einst auch als die Beamten-, Lehrer- und Bildungspartei. Doch diesen Ruf musste sie in den 1990er Jahren an die Grünen abgeben. Die FDP ist heute auch nicht mehr die verlässliche Hüterin der Freiheit und des starken Bürgers ggü. dem Staat. Verkommen ist sie heute zur bloßen Klientelpartei für Selbständige, wie Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Hoteliers und andere Ichlinge aller Art. Sie singt nur noch das hohe Lied der Marktradikalität und außer einer Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers kann die FDP auch seit zwei Jahrzehnten keinerlei liberale “Erfolge” mehr vorweisen. Ihre Programme heute kann man mit wenigen Begriffen umfänglich beschreiben: Steuersenkung, Subventionsabbau, Privatisierung, Deregulierung, Sozialabbau – mehr ist da nicht zu finden. 

Resümee

Ich werde diesmal wohl CSU wählen. Nicht aus Überzeugung, nicht weil mir die 50,7% Wahl-O-Mat-Übereinstimmung genügen würden, sondern aus Vernunft, weil sie – bei aller Kritik die ich zu den “Schwarzen” anzubringen habe – in Bayern seit Jahrzehnten einen guten und erfolgreichen Job erledigen.

Den Wahl-O-Mat halte ich für ein bedenkliches Instrument und untauglich zum Ermitteln der, den eigenen Interessen nahe kommenden, politischen Partei. Zu flach, zu oberflächlich, mit zu wenigen Optionen ausgestattet ist das Fragenwerk des Wahl-O-Mat und zu komplex ist die politische Wirklichkeit in einer unruhigen Zeit wie heute, als dass man diese in nur 38 Fragen abbilden könnte. Besser fände ich für die Jungwähler Staatsbürgerkunde als Schulfach in den Schulen einzuführen, in welchem auch die politischen Parteien, ihre Leistungen und vorgegebenen Ziele kritisch behandelt werden.

Der Wahl-O-Mat ist vielleicht ein netter Zeitvertreib, er regt vielleicht gerade noch zum Nachdenken an, das war’s dann aber auch schon. Seine Ergebnisse haben den Aussagewert der weithin bekannten “Persönlichkeitstests” in diversen Frauenzeitschriften.

Nachtrag am 20.05.2019:

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluss vom 20.05.2019 dem Bundesamt für politische Bildung (BpB) untersagt, den Wahl-O-Mat für die Europawahl in der bisherigen Version weiter anzubieten. Das BpB hat ihn deshalb offline gestellt. Gestellt hat den Antrag einer einstweiligen Anordnung die VOLT-Partei, da nach ihrer Auffassung der Wahl-O-Mat kleinere Parteien benachteilige. Begründet wurde dies damit, dass das Ergebnis der Auswertung nur mit dem Programm von acht Parteien verglichen wird. Näheres hierzu finden Sie unter folgendem Link:

BpB: Warum ist der Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019 vorläufig offline?

Foto: pixabay Creative Commons CC0


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