Spiel nicht mit den Schmuddelkindern…

Autor: Kurt O. Wörl

Gretchenfrage: Wird es je Koalitionen mit der AfD geben?

Natürlich werden es das geben – und ich sage eher früher als später wird das passieren. Warum?

Nun, jede neue Partei (die Grüninnen nach 1980 und die SED/PDS/LINKE nach 1989) stellten bei ersten Wahlerfolgen zunächst die Schmuddelkinder im Parlament. Den Grüninnen gedachte der hessische Ministerpräsident Holger Börner damals sogar leichte Schläge mit Dachlatten zu. “Mit den Grünen koalieren? NIEMALS GAR NIE NICHT!” riefen alle Etablierten damals im Brustton der Überzeugung… naja, bis eben jener Holger Börner und seine SPD 1985 die turnbeschuhten Öko-Schmuddelkinder erstmals zur Mehrheitsbeschaffung in Hessen benötigten. Flugs soff man sich das Gebräu aus gewaltbereiten Atomkraft- und Startbahn-West-Gegnern, Pädophilen, Friedensbewegten und Kiffern schön und Börner und seine Hessen-SPD konnten weiterregieren.

Nicht anders mit SED/PDS/LINKE. “Mit den Erben Honeckers, die eine kommunistische Plattform hegen und pflegen und für den DDR-Unrechtsstaat verantwortlich sind gemeinsame Sache machen? NIEMALS GAR NIE NICHT!” so tönten die SPD-Genossen auch nach der Wiedervereinigung, welche sich vorher bereits von den Grüninnen zunehmend das Wasser hat abgraben lassen. Noch zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, 2014, durfte Wolf Biermann als “Drachentöter dem Rest der Drachenbrut”, also den LINKEN im Bundestag, ein paar herzhafte, gesungene Ohrfeigen verpassen.

Man darf sicher sein, dass die LINKE inzwischen sehr, sehr froh darüber ist, dass sie das Schuddelkinder-Image nun an die AfD-Abgeordneten weitergeben durfte. – Schon glauben Sie, sich als ganz normale, demokratisch legitimierte Partei dem Wähler anbiedern zu dürfen. Dabei ist das noch immer dieselbe Ansammlung stalinistischer Schurken wie vor dem Einzug der AfD in die Parlamente.

Also was genau sollte uns davon überzeugen, dass nicht auch die AfD spätestens dann, wenn sie zur Mehrheitsbeschaffung zwingend benötigt wird, in Regierungsverantwortung kommen wird?

Noch hat man Schiss vor der deutschen Medienlandschaft (über 60% der in der Journaille Tätigen pflegen nach eigenem Bekunden eine links-grüne Grundhaltung), denn die wird derartige Versuche gnadenlos niederschreiben und -senden.

Trotzdem: Erste zarte Versuche kann man inzwischen in Thüringen erkennen, denn faktisch haben die Thüringer mehrheitlich bürgerlich-liberal-mittig-rechts gewählt (CDU, AfD und FDP hätten rechnerisch im Thüringer Landtag eine Mehrheit (48 Sitze, erforderlich wären nur 45), die rot-rot-grüne Front ist dem Grunde nach und nach dem Wählerwillen eigentlich abgewählt… eigentlich!

Die Union sollte m.E. aus den Fehlern der SPD lernen: Es war die SPD selbst, welche jene Parteien, welche im selben Teich wie sie selbst fischten, durch Koalitionen oder auch nur Duldungen hoffähig gemacht hat… Wenn Mama SPD sagt “die sind doch gar nicht so schlimm”, dann darf sie sich nicht wundern, dass frustrierte Genossen ihrer Mama Glauben schenken und sie die Schuddelkinder statt Mama wählen. Die Grüninnen sind heute so stark, weil sie vor allem von ehemals treuen SPD-Wählern gewählt werden. 

Die SPD hat also Franz-Josel Degenhardts Mahnung nicht beachtet: 

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder…

Und Tatsächlich: heute haben einstige SPD-Wähler es eben verinnerlicht, dass es doch gar nicht so schlimm ist, auch mal den Schmuddelkindern und der Rest-Drachenbrut aus der DDR die Stimme zu geben, wenn es der Mehrheitsbildung dient. – Und wenn dann die einstige “Partei der kleinen Leute” auch noch das brutalste, neoliberale Sozialabbauprogramm HARTZ IV in Europa zu verantworten hat, welchen Grund sollte der rotfahnige Genosse dann noch haben, dieser Partei trotzdem die zu Treue halten, wenn es doch von der SPD entschmuddelte Alternativen gibt?

Gleiches könnte auch der Union passieren, sollte sie je gemeinsame Sache mit der AfD anpeilen. Noch ziert man sich. Der bayer. Ministerpräsident Markus Söder will, dass man sich mit AfDlern noch nicht einmal zum Kaffeetrinken verabreden möge – und damit hat er mit Blick auf das Schicksal er SPD vermutlich sehr, sehr recht.

Und trotzdem bin ich mir ziemlich sicher: eher früher als später wird es auch eine Zusammenarbeit – allen gegenteiligen Beteuerungen jetzt zum Trotz – mit der AfD in deutschen Parlamenten geben, wenn es denn der Mehrheitsbildung dient. Wetten dass? – Den Protest aus der sozialdemokratischen Ecke würde man allerdings nur als pure Heuchelei wahrnehmen können.

Bild von Michael Gaida auf Pixabay


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