Die allgemeine Impflicht
wird nicht kommen

Autor: Kurt O. Wörl (geipmft und “geboostert”)

Dass eine allgemeine Impfpflicht für Deutschland je umgesetzt werden wird, daran habe ich bislang noch in keinem Moment geglaubt. Sie wird nicht kommen – und das ist wohl auch gut so. Selbst das Modell einer eingeschränkten Impfpflicht für die ältere Bevölkerung halte ich für unwahrscheinlich. Und die Politik wäre m.E. gut beraten, sich schnell eine gesichtswahrende Rückzugsstrategie einfallen zu lassen. Denn diese – vor allem von den öffentlich-rechtlichen Linksmedien vehement forcierte – Idee war wohl die dümmste, in dieser elenden Pandemie überhaupt.

Vorweg sei erklärt, um nicht bei kritischer Begleitung der Pandemiepolitik medial als Impfgegner verunglimpft zu werden: Ich bin ein Impf-Fan, mit vollständigem Impfschutz inkl. Auffrischimpfung und wenn erforderlich, werde ich mich auch weitere Male gg. diesen Drecksvirus impfen lassen. Zu viele Menschen in meinem direkten Umfeld habe ich an diesen verloren (in unserem Haus und im Bekanntenkreis).
 
Und ich rate jedem, sich auch zur Impfung durchzuringen!

 

Die Gründe für meine Annahme, dass die Impfpflicht nicht kommen wird, sind vielfältig. Und unsere Verfassung, das Grundgesetz, wird so einem Vorhaben wohl auch wie ein Mount Everest im Wege stehen. Ich will darauf nicht näher eingehen, damit werden sich Verfassungsrechtler noch zu befassen haben. Aber so viel kann ich andeuten: Für eine für alle verbindliche Pflicht bedürfte es einer dringlichen Notwendigkeit. Diese kann aber gar nicht mehr begründet werden, nachdem zum einen bereits deutlich über 70% der Bevölkerung vollständigen Impfschutz besitzen, zudem die Auffrischungsimpfungen wie in keinem anderen Land weltweit vorankommen und zudem die “pandemische Notlage nationalen Ausmaßes” aufgehoben wurde.

Aber auch eine Teil-Impfpflicht nur für die vulnerablen Bevölkerungsanteile lässt unsere Verfassung nicht zu, weil eine allgemeine Gesetzgebung – ohne Ausnahme – für alle zu gelten hat (vor dem Gesetz sind alle gleich!). Diese Allgemeingültigkeit jeglicher Gesetzgebung ist eine Grundvoraussetzung für jeden Rechtsstaat. Es darf – das haben wir aus der Dunklen Zeit 1933-1945, aus den damals gegen Juden u.a. Gruppen gerichteten Sondergesetzen, hoffentlich gelernt – keine Sondergesetzgebung für bestimmte Teile der Bevölkerung geben. Vorstöße in diese Richtung gab es zwar immer wieder, z.B. den Versuch, staatliche Leistungen nur für Deutsche, nicht aber für andere EU-Bürger, die sich rechtmäßig in Deutschland niedergelassen haben, zu gewähren. Stets brachten Gerichte – auch der Europäische Gerichtshof (EGH) – derartige Gesetzesgrundlagen wieder zu Fall. Gescheitert war zuletzt der CSU-Vorstoß, mit der Vorstellung, man könne eine PKW-Maut nur für Ausländer installieren. Hier half der EGH, dass Angela Merkel wenigstens ein einziges ihrer windigen Versprechen halten konnte, als sie meinte “Mit mir wird es keine PKW-Maut geben!”.

Hinzu kommt, dass die neue Omikron-Variante des Corona-Virus’ sich sehr wahrscheinlich als rettender Ausweg aus der Pandemie hin zur Endemie erweisen könnte, da diese nach bisherigen Erkenntnissen zwar wesentlich ansteckender als die Vorgänger-Varianten sein soll aber – mit Ausnahmen – vorwiegend nur vergleichsweise harmlose, grippeähnliche Krankheitsverläufe generiert. Und eine Impfpflicht gegen Grippe wird wohl niemand je ernsthaft auch nur angedacht haben. Auch die vom Robert-Koch-Institut (RKI) täglich veröffentlichten Zahlen bilden diese Annahme ab: zwar explodieren derzeit die Inzidenzen in Deutschland wieder, (erstaunlicherweise besonders in Bremen, wo die Impfkampagne am weitesten fortgeschritten ist), die Hospitalisierungen und besonders die Belastung für die Intensivstationen gehen aber zurück. Wie es aussieht, findet die Omikron-Infektion vorwiegend im Nasen-Rachenraum statt, dringt aber nicht bis zur Lunge vor. Aber – wie das Beispiel Bremen zeigt – eine Impfpflicht würde in der fortschreitenden Omikron-Pandemie kaum dämpfend wirken, den Infektionsfortschritt zu bremsen. Was genau also wollte man dann mit einer Impfpflicht für alle bewirken?

Hinzu kommt: Was soll eine Impfpflicht, die in Deutschland gar nicht durchgesetzt werden könnte? Wir haben kein Impfregister. Mehr noch: Nicht eine einzige Kommune hat einen Überblick darüber, wie viele ihrer Bürger bereits geimpft sind, weil dies nirgends festgehalten wurde. Die Kommunen wissen zwar genau, wie viele Infektionen durch Tests registriert wurden, wie viele Menschen sich in Quarantäne befinden, wie viele hospitalisiert sind, sich auf Intensivstation befinden, wie viele beatmet werden. Aber sie kennen nicht den Impfstatus ihrer Bevölkerung.

Bußgelder würden Impfunwillige also nur durch Zufallsentdeckung treffen, etwa wenn sie von der Polizei kontrolliert werden und keinen Impf- oder Genesungsnachweis vorweisen können. Alle anderen Impfunwilligen blieben unentdeckt. Wäre das dann eine konsequente durchgesetzte und gerechte Impfpflicht? Und was machen wir mit jenen Impfunwilligen, die auch die Zahlung von Bußgeldern verweigern? Sie in Beugehaft nehmen, nur, um damit vielleicht auch noch deren Familienmitglieder, die vielleicht sogar geimpft sind, in Existenznöte zu bringen? 

Außerdem: Eine Impfpflicht müsste zugleich das Recht für Impfpflichtige enthalten, sich einen Impfstoff auszusuchen, dem sie am meisten vertrauen. Doch der bisherige Dilettantismus der Bundesregierung und der EU bei der Impfstoffbeschaffung spricht da eine andere Sprache. Es gibt viele Zögerliche, die noch auf den Totimpfstoff warten wollen, weil sie sich von den neuartigen mRNA-Impfstoffen fürchten. Werden wir genügend davon beschaffen können? – Ich zweifle!

Impfpflicht käme zu spät 

Bei der Bekämpfung der laufenden Infektionswelle wird uns eine Impfpflicht ohenhin nicht mehr helfen können, denn eine solche wird bis zum Frühjahr zeitlich kaum realisierbar sein. Im Frühjahr werden die Infektionen sehr wahrscheinlich wieder zurückgehen, die Impfkampagne vermutlich weiter fortgeschritten sein. Kinder unter 5 Jahren kann man nicht impfen und es gibt Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Impfung erhalten können. Wir sprechen dann von einem Rest Impfunwilliger von allenfalls 10 bis 15 Prozent. Diese werden sich früher oder später ohnehin infizieren und haben dann ebenfalls eine Grundimmunisierung erhalten.

Welche Argumente wären also tragend, ohne Not mit einer Diskussion um eine ohnehin unwahrscheinliche Impfpflicht noch mehr Unruhe in die Bevölkerung zu bringen und auch bei bislang Gutwilligen die Skepsis gegenüber Versprechen der Politik auszulösen? – Oder möchte man noch mehr Menschen populistischen Strömungen oder gar der AfD in die Arme zu treiben? 2022 stehen wieder einige Landtagswahlen an, wir werden sehen. Besonders die Ergebnisse der Grüninnen werden interessant werden. Nach einer Schweizer Studie bekennt sich ein Großteil der “Querdenker”, die in Baden-Württemberg ihren Anfang nahm, dort dazu, vor allem B90/Grüne und Linke zu wählen. Viele davon wollen künftig aber wegen der Corona-Maßnahmen AfD wählen. Das kann den Grüninnen nicht gefallen. Man darf also gespannt sein!

Aber selbst wenn man all das Genannte ignorieren wollte, so kann man der Politik doch nur raten, den Bogen nicht zu überspannen, nur um mit einer Scheindiskussion den Druck auf Impfunwillige stetig zu erhöhen – mehr steckt m.E. in dieser Impfpflicht-Kakophonie auch nicht drin. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die Hardliner, wie Markus Söder, das auch genau wissen. 

Die “gespaltene Gesellschaft” ist ein Narrativ der Medien

Ich gehe nicht so weit, dass ich von einer “gespaltenen” Gesellschaft sprechen möchte, das ist sie nicht, angesichts der überwältigenden Mehrheit derer, die sich haben impfen lassen und beinahe stoisch die Corona-Maßnahmen akzeptieren und gutheißen. Aber ich nehme schon wahr, dass vor allem die öffentlich-rechtlichen Linksmedien, zusammen mit einigen “Null-COVID”-Wissenschaftlern inzwischen großen Gefallen am zunehmend autokratischen Staatsgehabe gefunden zu haben scheinen. Eigentlich verstand sich die “Vierte Gewalt” mal in der Pflicht, Regierungspolitik stets kritisch zu hinterfragen. Stattdessen liefern sie den Autokraten in der Politik immer neue Argumente für härtere Gangarten und hinterfragen eher kritisch berechtigte Lockerungsvorhaben und lassen die ermüdete Bevölkerung damit im Regen stehen. Die FDP scheint diesen Medien oft der eigentliche Hemmschuh zu sein, weil sie in dieser verrückten Zeit – für mich noch viel zu zahm – noch die Fahne der Freiheit schwenkt. Ich freue mich vor allem, dass Wolfgang Kubicki auf Basis seines juristischen Sachverstandes immer wieder deutliche Worte findet. Doch wir erleben heute einen gnadenlosen Gesinnungsjournalismus, der eher an Propaganda denn an Berichterstattung und Investigation erinnert – und das üppig von Allen gebührenfinanziert. 

Vielleicht sollte sich die Politik versuchsweise auch mal Corona-Maßnahmen einfallen lassen, die nicht nur die Wirtschaft, Künstler und Gastronomen in die Verzweiflung treiben, sondern auch mal die Medien in ihrer Arbeit behindern? Denkbar: Es dürfen nicht mehr als drei Journalisten bei öffentlichen Ereignissen vor Ort sein, keine Vis-a-Vis-Pressekonferenzen mehr, nur noch schriftliche Presseerklärungen, Nachfragen nur schriftlich möglich. Wie wäre das? Ich denke, da würde so mancher Vertreter der Journaille den Wert der Freiheit, deren Fahne derzeit nur wenige von diesen noch hochhalten, schnell wieder lieben lernen. Sehr zu wünschen wäre es! Die Welt sieht meistens etwas anders aus, wenn man selbst von Hemmnissen betroffen ist.  

Das Ansehen von Politikern und Presseleuten ist jedenfalls inzwischen in weiten Bereichen der Bevölkerung unter das von Gebrauchtwarenhändlern gefallen. Bei Vielen ist “Politik” nur noch ein Synonym für Lüge – und, dass das nicht unberechtigt ist, belegt die Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht überaus beispielhaft: über alle Parteigrenzen hinweg wurde versprochen, dass es keine Impfpflicht geben werde, Jens Spahn gab im Bundestag gar sein Wort dafür. – Alles nur Schall und Rauch. Und den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten empfehle ich erneut, sich von Ulrik Haagerup, dem Nachrichtenchef des dänischen Senders DR beraten zu lassen, wie ordentliche, nichttendenziöse Berichterstattung aussehen muss, um wieder eine hohe Glaubwürdigkeit zu erlangen – die BBC jedenfalls hat seine Expertise bereits genutzt.

Summa summarum, ich bleibe dabei: Weder die Impflicht für Alle noch eine Impfpflicht für die vulnerablen Gruppen wird kommen. Da können autokratieverliebte Hardliner wie Markus Söder noch so markig auftreten. Und Söder und seinesgleichen wissen das auch, denn genau deshalb beklagen sie die Aufhebung der pandemischen Notlage – obwohl sie vom eigenen Parteifreund, Jens Spahn, letztes Jahr initiiert wurde. Kommt sie wider Erwarten doch, wird sie von den Gerichten ziemlich sicher ziemlich schnell wieder kassiert werden. 

Alternative zur Impfpflicht

Womit ich mich allerdings durchaus anfreunden könnte, das wäre, dass Leute, die infolge einer COVID19-Erkrankung hospitalisiert, gar intensivmedizinisch behandelt werden müssen, konsequent und deutlich an den Kosten dafür – und an jenen für evtl. erforderliche REHA-Maßnahmen – beteiligt werden, wenn sie keinen Impf- oder Genesungsnachweis vorlegen können. Den Krankenkassen sollte man dafür gesetzlich das Recht der In-Regressnahme einräumen. Derzeit kommt es nämlich zunehmend vor, dass bei einer Hospitalisierung von Impfunwilligen der Nachweis und Auskunft über ihren Impf- und Genesungsstatus verweigert wird.

 Titelbild: Pixapay unter pixapay-Lizenz


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