Hubert Aiwanger im Kreuzfeuer der Journaille:

Markus Lanz und die Taugenichtse

Autor: Kurt O. Wörl

Dass Markus Lanz gestern in seiner Sendung versuchen würde, Hubert Aiwanger vorzuführen, hatte ich schon deswegen geahnt, weil man ihm – außer Lanz selbst – noch drei weitere Journalisten, davon zwei dem Politiker nicht gerade wohlgesonnene, als Gegenspieler mit in die Runde gesetzt hat. Vorweg: weder bin ich ein Fan von Hubert Aiwanger, noch würde ich seinen Freien Wählern bei Wahlen je meine Stimme geben. Aber wenn sich Medien vornehmen, unliebsame Politiker öffentlich vorzuführen, dann erkläre ich auch, dass ich das nicht gutheiße, erst recht nicht, wenn sich öffentlich-rechtliche Medien daran versuchen. 

Da war einmal der, für die vor der Landtagswahl gegen Aiwanger angezettelte “Flugblatt-Kampagne” verantwortliche Journalist Roman Deininger, von der zweifelsfrei links-grün-tickenden Süddeutschen Zeitung und der letztlich wohltuend eher fair agierende Chefredakteur von Table Media, Michael Böcker.

Außerdem hat man ihm noch die in Berlin-Neukölln nicht erkennbar erfolgreich agierende Integrationsbeauftragte und freie Journalistin mit türkisch-alavitischen Wurzeln, Güner Balci in die Runde gesetzt. Sie war offenbar für den Part “moralisieren bis zur Schmerzgrenze” anwesend. Substanzielles kam ihr kaum über die Lippen.

Roman Deininger kam offenbar, um einerseits die SZ-Kampagne – unmittelbar vor den Landtagswahlen in Bayern – übrigens frei jeglicher Selbstkritik – zu verteidigen, obwohl diese auch in der gesamten Medienlandschaft allgemein als äußerst grenzwertig und überaus tendenziös betrachtet wird. Aiwangers Vermutung, das Ziel wäre offenbar gewesen ihm und den Freien Wähler im Ansehen zu schaden, um Markus Söder die bayerischen Grüninnen als künftigen Koalitionspartner schmackhaft zu machen, war verständlich. – Und ehrlich gesagt, dasselbe dachte ich mir damals auch, als ich von der Kampagne erfuhr. Doch das ging bekanntlich daneben. Die SZ-Kampagne erreichte das genaue Gegenteil: die Freien Wähler und Hubert Aiwanger holten ihr bestes Wahlergebnis aller Zeiten und die Grüninnen rutschten in den Keller. – Für die SZ hat das auch gravierende Konsequenzen, sie kann sich nämlich mit keinem guten Argument mehr dagegen wehren, ein Organ des bloßen Kampagnen-Journalismus geworden zu sein – um den böseren, nicht minder zutreffenden Begriff “Propagandamedium” zu vermeiden.

Außerdem war schnell erkennbar, dass Deininger auch die Rolle des “roten Tuches” spielte, um Aiwanger so richtig in Rage zu versetzen, was auch erwartungsgemäß gelang und den sichtlich aufgewühlten Politiker kaum mehr aus seinen Hustenanfällen herausließ. 

Also: vier überaus eloquente, im Umgang mit Sprache gut geschulte Talk-Teilnehmer aus der Journaille, die sich durchgehend über allen Maßen für einen “zärtlich-woken” Sprachgebrauch einsetzen, gegen den volksnahen Dialekt- und Geradeheraussprecher Hubert Aiwanger. Da war eigentlich von Beginn an klar, welchen Verlauf die Sendung nehmen wird und dass die Vorführung des Politikers unverkennbar auch genau so gewollt war.

Letztlich befasste sich die ganze Sendung vor allem damit, welcher Sprache sich Aiwanger bedient. Der von der Süddeutschen gerne als “Schweinebauer” (wie “woke”!) abqualifizierte Aiwanger hatte in diversen Tweets Begriffe verwendet, die jeder Bayer versteht und sofort weiß, was damit gemeint ist, die aber eben nicht in ein “wokes” Weltbild passen. Einer dieser Begriffe war “Taugenichtse”. Hier bohrte Lanz nach, was und wen Aiwanger damit meinte. Obwohl er wirklich vom Verlauf der Talkrunde sehr angefasst war und Lanz beharrlich provozierte, um ihn erkennbar zu unbedachten Äußerungen zu reizen, ließ sich Aiwanger dazu nicht verleiten. Vielmehr erklärte er zutreffend, was man in Bayern, wo Tacheles zur offenen Kultur gehört, unter “Taugenichtsen” versteht, nämlich jemanden, “der auf Kosten anderer lebt, sich selber nicht einbringt, der sich unsozial verhält. Das ist ein Taugenichts, den man zu nichts brauchen kann, der aber anderen dreinredet”.

Und jetzt legte Markus Lanz erst richtig los. Er wollte konkrete Namen hören, wohl wissend, dass sich Aiwanger, sollte er jetzt das Verdikt “Taugenichts” konkreten Personen öffentlich zuschreiben, u.U. einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Beleidigung aussetzen könnte. – Doch der FW-Chef roch den Braten, er nannte keine Namen, sondern konkretisierte, dass das z.B. Bürgergeld-Empfänger sind, die arbeitsfähig seien, zumutbare Arbeit aber ablehnten. Es sei aber nicht der Bürgergeld-Empfänger gemeint, der wirklich krank und bedürftig sei, usw.

Aiwanger weiter: “Und ein Taugenichts ist auch jemand, der in einer Regierung sitzt, keinen Schulabschluss hat, den Leuten Käse erzählt und selber noch nie gearbeitet hat und am Ende Dinge an die Wand fährt.” Als Lanz fragte, an wen Aiwanger jetzt konkret denke, ließ der sich darauf nicht ein und meinte nur, dass er da keine Namen nennen brauche, vielleicht fielen Lanz selber einige ein. Lanz: “Sagen Sie doch oder trauen Sie sich nicht?” – Aiwanger ehrlich: “Nein, weil ich dann angezeigt werde, vielleicht von jemanden.” Lanz wollte es wissen, doch Aiwanger beschränkte sich darauf, es gäbe auch regierende Taugenichtse, die nie gearbeitet und keinen Schulabschluss hätten. Er empfahl stattdessen Lanz könne selbst darüber nachdenken, wo er diese Leute finde.

Und nun trat Lanz in seine eigene Falle, in dem er selbst – aus meiner Sicht auch zutreffend – begann, “Taugenichtse” zu personifizierten. Lanz: “Reden Sie von Kevin Kühnert?” Aiwanger grinste und wusste, dass er den Spieß einfach umgedreht hatte: “Sie sind schlau genug, da selber sich ein paar auszumalen, auf die diese Beschreibung passt.” Und Lanz weiter: “Reden Sie von Ricarda Lang?” und nochmal “Reden Sie von Kevin Kühnert? Von wem reden Sie?” Feixend meinte der Gefragte sichtlich erfreut: “Sind ein paar interessante Namen genannt hier.”

Nicht Aiwanger, sondern Lanz offenbarte hier in aller Öffentlichkeit sein Kopfkino und sprach aus, welche Personen er selbst mit dem Begriff “Taugenichtse” assoziierte.- Übrigens: Keiner in der Runde widersprach der lanz’schen Zuweisung. C’est la vie!

Diese Schläue hätte ich Aiwanger gar nicht zugetraut. 

Mit fiel dazu nur ein Sprichwort ein: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Ich muss wohl meine bisher hohe Meinung zu dem letzten namhaften, noch männlichen Geschlechts sein dürfenden Talk-Meister im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, einer gehörigen Prüfung unterziehen. 

Hier der Link zur Sendung, falls jemand Interesse hat, wie sich Journalisten auch vergaloppieren können:

Markus Lanz vom 24.11.2023


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