Zum Glück ist Scholz keine Quasselstrippe:

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Autor: Kurt O. Wörl

Bis vor kurzem warf die Journaille einem Teil der Bevölkerung noch vor, dass er – ohne evidenzbasierte Ahnung – über die Pandemiepolitik schwadronierte und die Maßnahmen in Frage stellte. Spöttisch wurde von “82 Mio. neunmalklugen Epidemiologen” gesprochen und geschrieben. Nun, in der konkreten Kriegssituation in der Ukraine, glaubt wiederum ein Großteil der Journalisten, Kommentatoren, Talkshow-Moderatoren zu Militärexperten mutiert zu sein. “Olaf Scholz’ Kommunikation ist katastrophal, irritierend, interpretierbar, wird nicht konkret …”, hört und liest man.

Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Zusammen mit den, aus der Friedensbewegung schaumgeborenen Grüninnen ist es vor allem die Journaille, die wieder und wieder massiv Lieferungen von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine fordert, erkennbar ohne jedes evidenzbasiertes Wissen darüber, was im Hintergrund wirklich geschieht. Eine zunehmend hysterische Medienlandschaft also, die das zurückhaltende Kommunikationsverhalten von Kanzler Olaf Scholz brandmarkt und nicht bemerkt, wie sie ohne Not das Ansehen und den Ruf unseres Landes und seiner Regierung beschädigt.

Und die Grüninnen? Besonders die für ihre überzogen theatralischen Auftritte – vollgestopft mit purer Lazarett-Poesie – bekannte Grünin Marieluise Beck, die ihre Forderungen nach schwerem Kriegsgerät sehr gerne mit gestenreich gesprochenen Bildern des Grauens schmückt, tut sich dabei hervor. Ich kann den Brechreiz bei ihren Auftritten dabei oft kaum noch im Griff halten.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zeigt ähnlich wohlfeile Allüren bei ihren Talkshow-Auftritten, plappert gerne (in überaus anstrengend umständlicher Sprache) munter aus dem Nähkästchen und ist dabei wenig zimperlich bei ihrer Kritik am Bundeskanzler. Überhaupt scheinen sich heutzutage vor allem weibliche Protagonisten – ohne erkennbar eigene militärische Erfahrung – berufen zu fühlen, in Talkshows die Welt militärischer Taktik, Strategie und Ausrüstung erklären zu wollen.

Zugleich wird in Talkshows über den maroden Zustand der Bundeswehr plastisch vor den Augen der ganzen Welt schwadroniert, ein Verhalten, das zu anderen Zeiten (SPIEGEL-Affäre) zum Vorwurf des Landesverrates führte. Der russische Kriegsverbrecher im Kreml wird solche Nachrichten sicher mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen.

In diesen Plauderrunden werden Leute, bevorzugt vergleichsweise junge, zierliche Frauen, die garantiert noch nie selbst ein Gewehr in Händen gehalten haben, als “Militärexperten” befragt. Liest man deren Vita, dann stehen da Professionen wie “Politologin” oder sie werden gar nur als “Militärexpertinnen” vorgestellt, ohne dass die Zuschauer erfahren, worauf diese vorgegebene Expertise denn eigentlich beruhen soll. Hie und da kommt wohltuend auch ein pensionierter Bundeswehrgeneral zu Wort, nur eben kaum einer, der im aktiven Dienst steht und Auskunft geben könnte, denn das würde er – zurecht – wohl auch nicht tun.

Ich hingegen – obwohl in jungen Jahren Zeitsoldat – maße mir nicht wie mancher Medienvertreter an, in dieser krisenhaften Zeit, mit meinen nur rudimentären Informationen, zu glauben, ich könnte die Krisenpolitik unseres Bundeskanzlers, die taktische und strategische Lage usw. präzise beurteilen. Aber ich bin mir sicher, dass Olaf Scholz richtig handelt, wenn er sich nicht aus den Elfenbeittürmen der Redaktionen heraus vor diesen hertreiben lässt. Krisenpolitik verlangt weitaus mehr zu beachten als man auf den Journalistenschulen lehrt. Im Übrigen steht dem Kamzleramt wohl hinreichend Expertise im Sicherheitsausschuss, aus der NATO und der Bundeswehr zur Verfügung. Darauf vertraue ich – muss ich vertrauen.

Olaf Scholz hat ein übles Erbe seiner Vorgänger, Gerhard Schröder und Angela Merkel angetreten. Der eine hat unser Land in eine verantwortungslose Anhängigkeit von russischer Primärenergie geführt, ist als Putin-Freund zum Agenten Moskaus geworden, die andere ist für 16 bleierne Jahre des Abbaus unserer Wehrfähigkeit und damit für den maroden Zustand der Bundeswehr verantwortlich. Wenn wir heute nur bedingt aus eigenen Beständen Waffenhilfe für die Ukraine leisten können, dann sind dafür Angela Merkel und ihre unfähigen CDU-Verteidigungsminister/-innen verantwortlich. Wie unfähig konnte sogar an den Ausgaben für “externe Beratung” gemessen werden – ich denke an Ursula von der Leyen, nicht fähig gewesen, auch nur ein Segelschulschiff zu vernünftigen Kosten restaurieren zu lassen.

Will heißen: Ich glaube Olaf Scholz, wenn er sagt, wir können aktuell gar keine schweren Waffen liefern, ohne unsere Einsatzfähigkeit im NATO-Bündnis zu vernachlässigen. “Einem Nackten kann man eben nicht in die Tasche greifen!”, sagt man in Franken.

Auch sollte die Journaille bedenken: Sollte dieser verbrecherische Krieg des Kreml-Chefs sich ausweiten, gar zum III. Weltkrieg führen, wird unser Land in der Mitte Europas erneut das Hauptschlachtfeld sein, da sind sich die Militärexperten durchwegs einig. Die Triebfeder Europas ist das wirtschaftsmächtige Deutschland – und diese Triebfeder wird ein Aggressor zuerst auszuschalten haben. – Und ab wann von einer Beteiligung der NATO im Ukraine-Krieg ausgegangen wird, das werden nicht wir oder die NATO sondern der Kriegsverbrecher im Kreml entscheiden. Und gut möglich ist, dass er sich dabei daran orientiert, wer ihm mit schweren Waffen für die Ukraine in die Suppe gespuckt hat.

Dass die Journaille gerne präzise und detalliert informiert werden möchte, verstehe ich. Aber gerade in Kriegszeiten gilt:

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!

Dabei hat der Kanzler zusätzlich noch interne Probleme mit seinen vielen SPD-Mitstreitern, die offenbar nicht den Ausgang aus ihrer russlandaffinen Haltung finden. Und der Einzug des lebensunferfahrenen Juso-Kindergartens in großer Zahl in den Bundestag – darunter nicht wenige Leute wie der Studienabbrecher, berufslose zwar rede- aber sonst völlig unbegabte Kevin Kühnert – macht Scholz’ das entschlossene Agieren sicher nicht leichter.

Und für mich ganz persönlich gilt: So sehr auch ich mir wünsche, dass die Ukraine jede erdenkliche Hilfe erhält, um diesen verbrecherischen Krieg für sich zu entscheiden: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein zunehmend flegelhafter und ganz und gar nicht diplomatisch auftretender Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sollten bedenken, dass unser Kanzler und seine Regierung den Rückhalt einer möglichst breiten Mehrheit der Bevölkerung benötigt, um überhaupt helfen zu können. Da war die brüskierende Ausladung unseres Staatsoberhauptes sicher nicht die intelligenteste Entscheidung. Auch meine Haltung, der Ukraine unbedingt zu helfen, hat durch diesen Affront spürbar gelitten – jetzt bin ich dazu nur noch bedingt bereit.

Ferner: weder ist Deutschland ein Waffen-Supermarkt, noch Befehlsempfänger des ukrainischen Präsidenten und seines Botschafters. Ob und in welchem Umfang unser Land helfen wird, ist und bleibt die Angelegenheit unserer Regierung und unseres Parlaments. Und vielleicht hilft es, wenn sich Selenskyj und Andrij den Amtseid unserer Regierenden zu Gemnüte führen. Der lautet:

“Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)”

Mag gut sein, dass dieser Amtseid mit einer der Gründe ist, warum unsere Regierung nicht bereit ist, dem ukrainischen Präsidenten und seinem vorlauten Botschafter jederzeit alle Wünsche von den Augen abzulesen. Es gilt eben ein paar Prioritäten im deutschen Interesse auch zu berücksichtigen.

An die Journaille gerichtet: Wir wussten von Beginn an, dass diese Ampelkoalition ein filigranes Bündnis sein würde, SPD, FDP und Grüne – Feuer und Wasser bilden eine Regierung – und das mit nicht immer eigenen Mehrheit, je nach Abstimmungsthema, wie wir bei der angedachten Impfpflicht erfahren durften. Diese elende Scharfmacherrethorik im Medienbetrieb könnte womöglich mit ein Anlass werden, wenn zur Unzeit diese Koalition zerbricht. Denn die Alternative wäre dann wiederum nur eine bleierne, Große Koalition.

Deshalb danke ich ausdrücklich unserem Kanzler Olaf Scholz für seine besonnene und deshalb zurückhaltende Kommunikation darüber, was unser Land für die Ukraine tun wird und was nicht. Ich begrüße, dass er nur in enger Abstimmung mit unseren Verbündeten und der NATO handeln will. Und ich finde es auch richtig, dass er sich dabei von der Medien-Kakophonie nicht beeindrucken lässt.

Jedenfalls: ich möchte mit Blick sowohl auf die immer deutlicher als Scharfmacher daherkommende Journaille wie auch auf Scholz’ zerrissene SPD-Fraktion im Bundestag derzeit wahrlich nicht in seiner Haut stecken. – Ich könnte mir vorstellen, dass Armin Laschet im Lichte des Zeitgeschehens nun doch überaus froh sein könnte, dass der Kelch der Kanzlerschaft an ihm vorbei gegangen ist.

Titelfoto: Olaf Kosinsky unter freier Lizenz CC BY-SA 3.0-de


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